01.06.2018

Frage zu den Themen OOS und OOX

Frage zu den Themen OOS und OOX

Vier Experten aus Redaktion, Pharmaherstellung, Behörde und dem Laborbereich beleuchten diese Fragestellung aus unterschiedlichen Blickwinkeln.


Aus Sicht einer Verlagsredakteurin

Wenn bei der Produktion ein Fehler unterlaufen ist und dokumentiert wurde, sollte dies über das Abweichungssystem erfasst werden. Offensichtlich wurde das Produkt aber dennoch analysiert – evtl. in der Erwartung/Hoffnung, dass der Produktionsfehler nicht zu einem OOS führt.

Wird nun aber eine Freigabeanalytik durchgeführt und ein Ergebnis ist OOS, entbindet dies meiner Meinung nach nicht von der Vorgehensweise, eine OOS-Untersuchung durchzuführen. Es besteht ja immerhin auch die Möglichkeit, dass das OOS-Ergebnis auf einen Laborfehler zurückgeht und Ihre Charge trotz der Produktionsabweichung innerhalb der Spezifikation ist! Ich würde in diesem Fall dem OOS-Prozedere folgen, so wie es in Kapitel 14.G des GMP-BERATERs beschrieben ist.

Können Sie offensichtliche und nicht-offensichtliche Laborfehler ausschließen und dies in geeigneter Weise dokumentieren, dann kommen Sie in der folgenden Fehleranalyse auch an den Punkt, einen Herstellungsfehler als Ursache für das OOS-Ergebnis in Betracht zu ziehen. Dies könnte dann anhand der Abweichungsmeldung belegt werden. So wäre der Prozess sauber abgebildet und klar nachvollziehbar, auch wenn das formal natürlich einen gewissen Aufwand bedeutet.

Zur zweiten Frage: Auch hier eine „vorhersehbare“ Abweichung von der Spezifikation, die aufgrund der Stabilitätsuntersuchungen plausibel ist. An Ihrer Stelle würde ich hier ebenfalls dem OOS-Prozess folgen und damit dokumentiert belegen, dass Sie einen Laborfehler ausschließen können. Das Ergebnis der „Fehleranalyse“ wäre dann der Einfluss von Temperatur/Feuchte/Laufzeit, der im Hinblick auf die Laufzeitspezifikation zu bewerten wäre.


So sieht es eine GMP-Inspektorin

Es ist immer günstiger, OOS-Ergebnisse, die in der QK festgestellt wurden, routinemäßig nach demselben Prozedere abzuarbeiten und vor allem zu dokumentieren. Und wenn ein solcher Prozess initiiert wird, ist es ja nicht zwingend, dass das OOS bestätigt wird.

Bei dem ersten beschriebenen Beispiel ist es offensichtlich, dass ein Teil des OOS-Prozedere schon durchlaufen wurde. Allerdings sei bei diesem Beispiel auch die Nachfrage erlaubt, ob der Fehler bei der Produktion, der als Ursache für das OOS eruiert wurde, bereits bei der Produktion aufgefallen war (und hier als Abweichungen hätte behandelt werden können) oder erst bei der QK.

Auch bei dem OOS bei Stabilitätsuntersuchungen sollte das formale Prozedere durchlaufen werden, um systematisches Bearbeiten und Nachvollziehbarkeit, also Transparenz zu gewährleisten, zumal ja solche Ergebnisse aufgrund der festgelegten Gründe auch immer irgendwelche Maßnahmen bis hin zu einem Rückruf nach sich ziehen. Gerade in solchen "Non-Compliance-Situationen" halte ich ein eher formales Bearbeiten für zielführend – man wird sozusagen an die Hand genommen und durch alle Stationen durchgeführt.


Das sagt eine QP aus einem mittelständischen Unternehmen

Für den ersten Fall scheint es ja bereits vorab eine Abweichung in der Produktion gegeben zu haben. Dies sollte eigentlich im Abweichungssystem mit dem OOS-Ergebnis behandelt werden. Sollte diese Abweichung erst später (z.B. im Batch Record Review) aufgefallen sein (und vielleicht parallel zur gestarteten Analytik), sollte das OOS-Verfahren gestartet werden. Die Aussage, dass kein Laborfehler vorliegt, impliziert ja eigentlich, dass dies überprüft worden ist. Auch das wäre bereits ein Teil des OOS-Verfahrens.

Im Fall der Stabilitätsstudie sollte auch ein OOS- bzw. OOT-Verfahren eröffnet werden, um die Daten formal auch abzusichern. Idealerweise ist das OOX-Verfahren für die Studien so beschrieben, dass hier keine unnötigen Sonderschleifen, z.B. Produktionsüberprüfung, entstehen und das Verfahren einfach bewertend abgeschlossen werden kann.

(Auch hier impliziert für mich die gezeigte Überprüfung zum Ausschluss des Laborfehlers, dass hier wohl ein OOX-Verfahren gestartet wurde.)


Last but not least ein Experte aus der instrumentellen Analytik und QK

Zur ersten Frage: Nach dem 3-Phasen-Modell werden Fehler der Herstellung in einer umfassenden Untersuchung (Full-scale Investigation) evaluiert. Das OOS-Verfahren läuft da längst schon. Geht man parallel an die Fehlersuche, was durchaus begründbar ist (Zeitdruck), kann man aus meiner Sicht nach Erkennen eines Produktionsfehlers die Phasen Laborfehler abbrechen.

Was mit der OOS-Charge passiert, sollte im OOS-Verfahren klar dargestellt werden. Ebenso sollte der Fehler in der Herstellung und sein Einfluss auf das Produkt evaluiert werden.

Wenn der Fehler in der Produktion bekannt war und die Muster trotzdem in die QK gehen, ist das eher ein Fehler in den internen Abläufen.

Für die zweite Frage schließe ich mich dem Vorredner an. Auf ein OOS/OOT kann man nur verzichten, wenn man außerhalb der angestrebten Shelf Life ist oder bereits ein OOS/OOT beim Vorgängerwert hatte. Diese Fälle oder Ausnahmen muss man aber in der internen SOP festlegen!