01.12.2018

Frage zum Thema GMP-gerechte Dokumentation: handschriftlich oder am PC getippt?

Frage zum Thema GMP-gerechte Dokumentation: handschriftlich oder am PC getippt?

Diese Anfrage, die auf den ersten Blick einfach erscheint, erweist sich auf den zweiten Blick als durchaus knifflig, kommt es doch auf die Details an. Wir haben dazu drei ausführliche Antworten an den Kunden weitergegeben – direkt aus der Redaktion, aus Sicht einer GMP-Inspektorin und eines QA-Leiters.


Gemäß Dr. Doris Borchert, Redaktion, ist der Knackpunkt bei dieser Frage, dass vor Beginn der Herstellung eine genehmigte Herstellungsanweisung nötig ist (Vorgabedokument). In diese werden üblicherweise alle chargenspezifischen Daten eingetragen – dazu gehören auch die Chargennummern der verwendeten Ausgangsstoffe

Es können also nicht während der Bereitstellung oder Einwaage die betreffenden Chargennummern „am Rechner geschrieben werden“, denn dann liegt die ausgedruckte Herstellungsanweisung ja bereits vor. Oder anders gesagt: die Chargennummern müssten bereits feststehen, wenn die chargenbezogene Herstellungsanweisung ausgedruckt und genehmigt werden.

Wenn dies der Fall ist oder organisatorisch gewährleistet werden kann, spricht aus der Sicht von Dr. Borchert nichts dagegen, die Chargennummer sozusagen als „Vorgabe“ in die chargenbezogene Herstellungsanweisung aufzunehmen. Allerdings sollte dann in irgendeiner Weise auch nachvollziehbar sein, dass die vorgegebene Chargennummer tatsächlich eingesetzt wurde, z.B. durch ein zusätzliches Kontroll- bzw. Unterschriftsfeld.


Diese Antwort deckt sich mit der Sichtweise der GMP-Inspektorin, die dazu Folgendes schreibt:

Da die meisten Firmen mit entsprechenden Warenwirtschaftssystemen arbeiten, gehört zur Herstellanweisung i. d. R. eine auf der freigegebenen generellen Stückliste basierende, EDV-basiert erstellte, auftragsindividuelle Stückliste. Darin sollen sowohl die an die Auftragsgröße angepassten Mengen der einzelnen Komponenten sowie die Chargennummern der einzusetzenden Komponenten ausgewiesen sein.

Das gibt es in der Herstellung, aber auch in der Verpackung. Üblicherweise wird auf diesem Dokument dokumentiert, dass die vorgegebenen Chargen eingesetzt wurden, z. B. durch den Mitarbeiter der Wiegezentrale.

Der Ablauf wäre demnach:

  • Arbeitsvorbereitung erstellt die Aufträge mit allen Angaben. Ob diese Angaben in einer Stückliste wie oben beschrieben oder in der Herstellanweisung direkt vorgegeben sind, ist dabei unerheblich.
  • Der so vorbereitete Auftrag ist freizugeben und kann anschließend dokumentiert abgearbeitet werden.

Beide Antworten bestätigen, dass die Chargennummern vorgegeben (und damit am PC eingegeben) werden können, sofern die Übereinstimmung der verwendeten Charge mit der vorgegebenen Chargennummer bei der Abarbeitung noch einmal bestätigt wird.


Die Antwort des Leiters einer QA zeigt hingegen einen anderen Blick auf die Problematik. Die Lösungsvorschläge sind nicht nur interessant, sondern auch nah an der Praxis. Hier der Kommentar:

Geht man davon aus, dass es um Ausgangsstoffe oder Zwischenprodukte handelt, die weiterverarbeitet werden sollen, und dass die Herstellungsdokumentation rein papierbasiert ist, stellt sich direkt die erste Frage, ob hier die Zuordnung der Chargen nicht direkt im Vorfeld vorgenommen wird (also vor dem tatsächlichen Einsatz). Damit wäre es eine Vorgabe, die z.B. über ein ERP-System, LVS etc. mittels FeFo oder direkter Zuordnung selektiert wird.

Wenn dieses Material dann zur Verarbeitung bereitgestellt wird, ist die Selektion ja bereits erfolgt. Maßgeblich wäre also dann hier das ERP-System, LVS etc. Da die Information für die gezielte Bereitstellung zur Verarbeitung (üblicherweise sind ja nicht sämtliche Materialien oder Chargen frei für die Produktion im Zugriff, sondern irgendwo in einem Lagerbereich) ja auch transportiert werden muss, könnte hier bereits ein erstes Dokument aus diesem System erzeugt werden (und auch für die Bereitstellung verwendet werden).

Im nachgelagerten Schritt können diese Chargenbezeichnungen entweder aus dem Einwaagesystem (wenn es dies dort gibt, vermutlich ja hier nicht) und über die Dokumentation aus ERP-System, LVS etc. dargestellt werden. Wenn es um den Einwaageprozess geht, dann sollten ja auch Ausdrucke der Waagen in irgendeiner Form als Nachweis vorliegen. Hier gäbe es die Möglichkeit, dies über die Wagenterminals und Drucker mit auszugeben. Das funktioniert auch mit ziemlich einfachen Waagenterminals.

In jedem Fall sollte eine Vorgabeseite – egal ob manuell generiert oder aus einem validen System – entsprechend nachvollziehbar generiert und autorisiert werden.

Der Eintrag der Chargennummern in das "Word"-Dokument auf File-Ebene und damit in das (genehmigte) Vorgabedokument sollte nicht erfolgen, da die Unveränderbarkeit, Richtigkeit, Vollständigkeit etc. (also ALCOA) hier angezweifelt werden müssten. Es wären zwar einige Work-arounds möglich, um dies zu technisch lösen, aber dies scheint im vorliegenden Fall ja eher einfach und direkt gehandhabt zu werden.

Wenn also die Chargennummern in das Protokoll eingetragen werden sollen und dies nicht technisch sauber zu lösen ist (hier ging es ja nicht um Effizienz, sondern nur um Lesbarkeit), würde ich versuchen, das Vorlagedokument so zu gestalten, dass Unleserlichkeiten per Design minimiert werden können. Das hat häufig mit zu kleinen Feldgrößen, ungenauen Vorgaben zur Eintragung (Vorschlag: Kästchen oder ähnliches pro Ziffer oder Buchstabe wie z.B. bei einem Überweisungsformular) zu tun.

Des Weiteren ist auch noch die Frage zu beantworten, ob der Arbeitsplatz zur Eintragung eigentlich geeignet ist, das Dokument sinnvoll abzulegen und zu bearbeiten. Auch dies findet man bisweilen und führt zu Problemen.