01.06.2019

Frage zum Thema Sprache von Vorgabedokumenten

Frage zum Thema Sprache von Vorgabedokumenten

Die Fragestellung haben wir an zwei GMP-Inspektorinnen weitergegeben. Ihre Stellungnahmen lesen sich wie folgt:

„SOPs sind in erster Linie für das Unternehmen und seine Mitarbeiter gedacht und erst im Weiteren für Externe wie Kunden, Auditoren und Inspektoren. Daher sind die SOPs so zu verfassen, dass die Mitarbeiter sie lesen und verstehen können. Das betrifft nicht nur das einfache und verständliche Formulieren, sondern auch die Sprache.

Das heiß, wenn die Mitarbeiter nur Deutsch und kein Englisch sprechen, dann verfehlen SOPs etc., die ausschließlich in Englisch verfasst sind, ihr Ziel und ihre Aufgabe als Teil des QMS. Für Mitarbeiter haben solche für sie unverständlichen Dokumente nur eine geringe oder überhaupt keine Bedeutung.

In einem solchen Fall kann das Unternehmen auch kein funktionierendes QMS (§ 3 AMWHV, EU-GMP Kap. 1) nachweisen. Die Funktionalität ist durch die Sprachbarriere eingeschränkt.

Nicht umsonst testen z. B.  amerikanische Unternehmen aufwändig in Assessments, ob und wie gut neue Mitarbeiter Englisch lesen, verstehen und umsetzen können. Ein Kompromiss, den ich häufig bei Auftragsherstellern sehe, sind zweisprachige Dokumente, also Dokumente in der „Mitarbeitersprache“ und in Englisch.“


Mögliche Referenzen im EU-GMP-Leitfaden (Stand bei Veröffentlichung):

  • Kapitel 4, Dokumentation, Punkt  4.1: Complex Systems need to be understood ...
  • Kapitel 4, Dokumentation, Punkt  4.4: The style and language of documents should fit with their intended use

Als Kunde des GMP-BERATERs steht Ihnen die aktualisierte Version des EU-GMP-Leitfadens in Abschnitt H zur Verfügung.


Diese Ansicht wird in der zweiten Stellungnahme gestützt:

„Im Rahmen von GMP-Inspektionen fordern wir, dass die Dokumente in einer Sprache verfasst sind, die die Mitarbeiter verstehen. Dabei geht es sowohl um den Sprachstil als auch um die Sprache selbst. Die notwendige Art der Sprache und des Sprachstils hängt von mehreren Faktoren ab, z. B. von der Amtssprache, von der Muttersprache der Mitarbeiter und/oder von den erlernten Sprachen der Mitarbeiter.

Unabhängig von der gewählten Sprache muss sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter die Dokumente verstehen können. Eventuell müssen die Dokumente in bestimmten Regionen (teilweise) zweisprachig verfasst werden, z. B. in Teilen der Schweiz, bei der Implementierung von globalen (z. B. englischen) SOPs am lokalen (deutschsprachigen) Standort oder bei Beschäftigung von Mitarbeitern, die die "eigentliche" Dokumentensprache nicht verstehen.

Im Rahmen von z. B. Schulungen (u. a. Prüfung des Schulungserfolgs) oder Selbstinspektionen muss geprüft werden, ob die Mitarbeiter die Dokumente ausreichend verstehen können.

Werden die Dokumente einer Firma ausschließlich in einer Sprache erstellt, weil davon ausgegangen wird, dass alle Mitarbeiter diese Sprache können, ist dies (sofern es sich nicht um die Muttersprache aller Mitarbeiter handelt) im Rahmen der allgemeinen "Verständnisprüfung" ebenfalls z. B. im Rahmen einer erweiterten Prüfung des Schulungserfolgs nachzuweisen.

Referenziert wird für diese Forderung im GMP-Bereich immer der bereits erwähnte Punkt 4.4. Denn die Forderung, dass Stil und Sprache mit dem vorhergesehenen Gebrauch übereinstimmen müssen, beinhaltet auch, dass die Mitarbeiter die Dokumente verstehen können müssen.

In der EU-GDP-Leitlinie wird unter Punkt 4.2 gefordert, dass die Dokumente in einer "für das Personal verständlichen Sprache" formuliert werden. Das unterstützt unsere Auslegung des EU-GMP-Leitfadens. Denn in beiden Dokumenten wird der gleiche englische Begriff language verwendet."