01.09.2020

SOPs: Wer darf denn jetzt eigentlich was?

SOPs: Wer darf denn jetzt eigentlich was?

Antwort

Diese Fragestellung scheint uns ein geradezu idealer Beitrag für unsere Rubrik „Fragen an die Redaktion“ zu sein, denn sie wird in kleinen und großen Firmen immer wieder viel diskutiert.

Gleich vorneweg zum Thema regulatorische Vorgabe: Es gibt keine!

Der Gesetzgeber hat an dieser Stelle tatsächlich Freiraum für individuell sinnvolle Lösungen gelassen – und darüber dürfen alle GMP-Schaffenden in diesem Bereich eigentlich sehr froh sein.

Unsere Expertin Dr. Christine Oechslein erklärt dies folgendermaßen:

„Es gibt keine gesetzliche Vorgabe dafür, wer und wie viele Personen SOPs oder andere GMP-Vorgabedokumente unterschreiben bzw. genehmigen muss/müssen. Daher kann nur aus den allgemeinen GMP-Dokumentationsvorgaben bzw. ALCOA-Regeln abgeleitet werden, dass für jedes GMP-Dokument mindestens zwei Unterschriften erforderlich sind, um Richtigkeit, Vollständigkeit und Konsistenz sicherzustellen.

Wie dabei die Rollenzuweisungen Autor – Prüfer Genehmiger vorgenommen werden, ist jedem Unternehmen selbst überlassen. Das Vorgehen muss aber in Form einer Verfahrensanweisung / SOP festgelegt sein. Gerade in kleinen Firmen ist es durchaus üblich, dass der Autor eines Dokumentes dieses – nach der fachlichen Prüfung – selbst genehmigt oder dass der fachliche Prüfer das Dokument gleichzeitig genehmigt.“


Folgefrage

Autor bzw. Prüfer einer SOP kann jede Person sein, die mit dem zu beschreibenden Ablauf gut vertraut ist, das ist klar. Gilt aber nicht prinzipiell, dass Autor und Prüfer nicht identisch sein dürfen?


Hier kommt nun der „gesetzliche Freiraum“ ins Spiel, den es sinnvoll zu nutzen gilt. Unsere Expertin beschreibt dazu folgenden Gedankengang:

Eine Überprüfung – egal, ob Prüfung auf Sauberkeit, Line-Clearance oder die Prüfung eines Dokumentes – impliziert im GMP-Kontext immer eine zweite Person!

Eine Selbstüberprüfung ist bisher an keiner Stelle einer Guideline, eines Gesetzes oder einer Empfehlung vorgesehen. Falls eine Firma meint, eine Selbstüberprüfung durch den Autor rechtfertigen zu können, dann könnte sie ja eine formale, schriftliche Risikoanalyse zu diesem Thema erstellen. Diese Analyse muss allerdings auch wirklich vorliegen, denn das wird garantiert eines Tages bei einer Inspektion oder einem Audit auffallen und zur Sprache kommen.

Vermutlich wird bei der Risikoanalyse aber herausgefunden werden, dass eine Selbstüberprüfung ein hohes Qualitätsrisiko birgt, weil die Entdeckungswahrscheinlichkeit eines Fehlers eher gering ist und die Tragweite hoch (ein Fehler in einer SOP/Verfahrensanweisung führt ja zu systematischen Fehlern bei der Umsetzung!) – und daher eben doch ein zweiter, fachkompetenter Prüfer erforderlich ist.

Da dieses Szenario der Selbstüberprüfung  wohl eher selten in Betracht gezogen werden wird, kann man im Regelfall davon ausgehen, dass Autor und Prüfer zwei Personen sein werden.

Aber wie schon gesagt: Vom regulatorischen Standpunkt aus gesehen besteht durchaus Raum für flexible und individuell sinnvolle Lösungen!


Tipp der Redaktion

Regulatorische EU-Vorgaben zur GMP-gerechten Dokumentation:

EU-GMP-Leitfaden, Kapitel 4, Dokumentation

Als Kunde des GMP-BERATERs finden Sie in den folgenden Kapiteln weitere Informationen:

  • Kapitel 15.A Anforderungen aus Behördensicht (an die Dokumentation)
  • Kapitel 15.B GMP-gerechte Dokumentation
  • Kapitel 15.D Arbeitsanweisungen