Zusammenfassung des GMP-DIALOGs der GMP-BERATER Tage 2018
Dabei wurden die Fragen rund um das Thema von Teilnehmern gestellt und von den Experten GMP-Inspektorin Dr. Petra Rempe und Dr. Peter Schulz, Leiter Geschäftsbereich E-Technologies bei Provadis, im Rahmen einer regen Diskussion beantwortet.
Schulen Sie schon online oder noch offline? Was wollen die Mitarbeiter, das Management, der Betriebsrat und andere Beteiligte? Wie kann dies kontrolliert und GMP-konform ablaufen? Wie kann Blended-Learning umgesetzt werden?
Schulungspläne müssen prospektiv sein und jährlich erstellt werden. Am Anfang des Jahres sollten sämtliche Schulungstermine feststehen. Es kann eine tagesgenaue Detailplanung sein, aber auch eine monatliche oder quartalsweise Planung. Es muss jeweils eindeutig sein, welche Mitarbeiter bzw. Funktionen welche Schulungen erhalten. Die Planung kann mitarbeiterbezogen, was für kleinere Betrieben noch gut abbildbar ist, aber auch funktionsbezogen erfolgen. Die Schulungen selbst können Präsenzschulungen, E-Learnings und Leseschulungen sein. Je nach Ausrichtung des Betriebs werden stets GMP- und/oder GDP-Grundschulungen und Auffrischungsschulungen einzuplanen sein. Neue Themen kommen z. B. durch die Einführung neuer Produkte hinzu.
Die Verantwortung für die Schulungen liegt beim Leiter der Herstellung, beim Leiter der Qualitätskontrolle und beim Leiter der Qualitätssicherung. Es muss sichergestellt und bei der Inspektion nachvollziehbar sein, dass die Prüfung und Freigabe der Schulungspläne durch die Verantwortlichen erfolgt – auch bei elektronischen Planungssystemen.
Die Qualitätsmanagement-Systeme der meisten Firmen sind so ausgelegt, dass der einzelne Mitarbeiter eigentlich den Inhalt von mehr als hundert SOPs wissen sollte. In der Praxis sieht es dann zumeist ganz anders aus. Der Mitarbeiter kennt vielleicht zehn SOPs, da nur diese ihn unmittelbar betreffen. Von rechtlicher und behördlicher Seite sollte es jedoch kein Problem darstellen, wenn festgelegt wird, dass ein Mitarbeiter tatsächlich nur z. B. in zehn SOPs geschult wird, wenn das für seinen Einsatzbereich ausreichend ist. Die GMP-Regularien geben keinen konkreten Umfang vor, sondern fordern, dass die Mitarbeiter für ihren Einsatzbereich geschult sein müssen. Die Überwachungsbehörde prüft auf Plausibilität. Im Zweifelsfall kann es ratsam sein, den Umfang mit der Behörde abzustimmen.
Möglich ist eine Abstufung der SOPs in Form einer Pyramide: Es gibt übergeordnete SOPs, die alle Mitarbeiter kennen sollten. Dann gibt es operative SOPs, die z.B. Herstellungsleitung und Leitung der Qualitätssicherung kennen sollten, und darunter die Stufe der spezifischen SOPs für die Produktionsmitarbeiter.
Präsenzschulungen sind vorzuziehen, wenn es um Themen geht, die ein praktisches Training brauchen (z. B. Hygieneschulung). Vorteile einer Präsenzschulung sind auch das interaktive Miteinander der Teilnehmer und der mögliche Erfahrungsaustausch zwischen langjährigen und neuen Mitarbeitern. Für den Erfolg einer Präsenzschulung ist der Referent das A und O – seine Qualifikation und sein „pädagogisches“ Talent.
Onlineschulungen eignen sich insbesondere für die Schulung theoretischer Inhalte, als Einstiegsschulung und z. B. zur Schulung von SOPs – auch anstelle von Leseschulungen. Vorteile sind die Unabhängigkeit von Zeit und Ort sowie die Möglichkeit, die Schulung dem eigenen Lerntempo anzupassen. Auch zur Auffrischung von gelernten Praxisinhalten eignet sich die computergestützte Variante. Hier kann man z. B. interaktive Videos einsetzen, die plötzlich anhalten, und eine Frage stellen. Insbesondere jüngere Mitarbeiter arbeiten gerne mit den Systemen. Möglich ist auch, dass die Mitarbeiter selbst einen Film drehen, z. B. zum Thema „Wie schleuse ich mich richtig ein?“, und hier absichtlich Fehler einbauen. Die Geschulten können sich sehr gut mit dem Gezeigten identifizieren („Das ist doch Frau Müller aus der Produktion!“).
Spielerische Elemente können bei Präsenz- wie bei Onlineschulungen sehr gut genutzt werden. So kann nach der Mittagspause einer Präsenzschulung ein Quiz mit mehreren Teams durchgeführt werden. Trockener Lerninhalt bleibt so besser im Langzeitgedächtnis.
Bei E-Learnings ist es wichtig, dass sie an die spezifischen Belange und Begrifflichkeiten des Unternehmens angepasst werden können. Die Systeme werden immer weiterentwickelt. So gibt es inzwischen Systeme, in die weitere Dokumente hochgeladen werden können, sowie Systeme, die aus PowerPoint-Präsentationen E-Learnings kreieren können.
Der externe Schulungsanbieter (für Online- wie für Präsenzschulungen) ist ein Dienstleister und sollte daher entsprechend qualifiziert werden. Stichworte sind hier: Referenzliste, Lebenslauf und Qualifikation der Schulungsleiter. Ist eine abgestimmte, individuelle Vorbereitung möglich? Einfließen in die Bewertung des Anbieters sollten auch die Rückmeldungen der Mitarbeiter (Feedback-Bögen).
Eine Erfolgskontrolle nach einer Routine-Schulung kann relativ schnell und einfach erfolgen. Dabei wird das Verständnis des geschulten Stoffes abgefragt. Wenn eine Schulung gemacht wird, um Abweichungen zu vermeiden oder Prozesse zu verbessern, müssen Parameter fest-gelegt werden, die den Schulungserfolg messbar machen. Dies kann z. B. im Rahmen des Management Review erfolgen. Hat sich die Rate der Abweichungen oder der Reklamationen verbessert? Falls keine Verbesserung festzustellen ist, kann die Lösung nicht allein sein, mehrfach nachzuschulen. Vielmehr muss die zugrunde liegende Ursache aufgedeckt werden. Liegt es an den Mitarbeitern? Ist die zugehörige SOP fehlerhaft bzw. unzureichend?
Generell muss ein Betrieb in einem Verfahren festlegen, wann Nachschulungen stattfinden sollen. Dazu müssen geeignete Kennzahlen definiert und fortlaufend erhoben werden und auf Trends überprüft werden. So kann es z. B. akzeptabel sein, dass 0,5 % der Fingerprints von Mitarbeitern im Reinraum positiv sind (solange es nicht immer derselbe Mitarbeiter ist). Wichtig ist eine plausible und dokumentierte Begründung für das Vorgehen.
Eine Wirkungskontrolle erfolgt ebenfalls über die Beobachtung und Bewertung der Einhaltung bestimmter Parameter. Die Herausforderung ist, sinnvolle Parameter festzulegen, anhand derer tatsächlich Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Schulung gezogen werden können.
Der EU-GMP-Leitfaden gibt in Kapitel 1 Absatz 1.5 vor:
Die Geschäftsleitung hat die ultimative Verantwortung zur Sicherstellung, dass ein wirksames Pharmazeutisches Qualitätssystem vorhanden und mit angemessenen Mitteln ausgestattet ist und dass Funktionen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse überall in der Organisation
festgelegt, kommuniziert und eingeführt sind. Die Führung und aktive Beteiligung der
Geschäftsleitung im Pharmazeutischen Qualitätssystem ist essentiell. Diese Führung sollte die Unterstützung und das Engagement des Personals auf allen Ebenen und in allen Betriebsstätten innerhalb der Organisation für das Pharmazeutische Qualitätssystem sicherstellen.
Die Geschäftsleitung ist demnach für die Durchsetzung der Schulungen und das Schaffen der entsprechenden Ressourcen verantwortlich. Die Überwachungsbehörde würde bei Mängeln auf den Geschäftsführer zurückgreifen. Schulungsverantwortliche stehen in ihren Betrieben jedoch oft im Spannungsfeld zwischen der Geschäftsleitung, die die Notwendigkeit von Schulungen nicht sieht und nicht unterstützt, den zu schulenden Mitarbeitern und den Anforderungen der Behörde. Möglich ist im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Überwachungsbehörde, dass ein Hinweis an die Inspektoren gegeben wird, wo es hinsichtlich des Verständnisses und der Unterstützung der Geschäftsleitung noch hapert. So kann die Behörde für die AMG-Verantwortlichen unterstützend agieren, indem gezielt bestimmte Punkte angesprochen werden.
Der Betriebsrat ist beim Thema Schulungen mitbestimmungspflichtig. In der Regel wird jedoch immer ein gemeinsam abgestimmter Weg gefunden. Lern- und Erfolgskontrollen sind gesetzlich gefordert und werden auch von den Betriebsräten grundsätzlich akzeptiert. Wichtig für den Betriebsrat ist die anonymisierte Auswertung. Insbesondere bei E-Learnings wird oft die Gefahr gesehen, dass der Vorgesetzte Einblick in die Daten der Mitarbeiter haben könnte.
Der Betrieb muss gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Verfahren etablieren für den Fall, dass Mitarbeiter die Schulung nicht bestehen. Hier ist es ratsam, dass die betreffenden Mitarbeiter namentlich identifiziert werden, um sie gezielt nachschulen zu können.
EU-GMP-Leitfaden Online, www.eu-gmp-leitfaden.de, Maas & Peither AG, Schopfheim
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