14.05.2019 | LOGFILE Leitartikel 18/2019

Ein Bericht über die ISPE Europe Jahreskonferenz 2019

Pharma-Innovationen vorantreiben

Pharma-Innovationen vorantreiben

7 Min. Lesezeit | von Dr. Sabine Paris

 

Die Europäische Jahreskonferenz der International Society of Pharmaceutical Engineering (ISPE) lockte vom 1. bis 3. April 2019 über 700 Teilnehmer nach Dublin.

Das Hauptthema war "Drive and Leverage Innovation for Pharma". Im Mittelpunkt des Executive Forums stand die industrielle Digitalisierung als Schlüsselfaktor für die Innovationskraft. Die kontinuierliche Verbesserung im digitalen Zeitalter erfordert eine Reihe von Voraussetzungen und stellt sich neuen Herausforderungen und Chancen.

Im heutigen Leitartikel habe ich die wichtigsten Trends und zukünftigen Herausforderungen aus Sicht der hochkarätigen Referenten im Executive Plenum und in den Keynote-Sessions zusammengefasst.

Sie finden diesen Text (und vieles mehr) auch in meiner (Live-)Berichterstattung von der Konferenz auf Linkedin (#gmppublishing).


"Digitale Technologien und Daten verändern alles, was wir tun, und unsere Reise zur digitalen Transformation hat begonnen."

Die erste Rednerin war Pam Cheng von AstraZeneca, die begeistert über digitale Technologien und Daten sprach. Bezüglich der Zukunft der pharmazeutischen Herstellung stelle Pam folgende Punkte heraus:

  • 3D-Druck von Tabletten
  • Prädiktive und präskriptive Analytik
  • Digitale Zwillinge: So erreichen Sie viel schneller einen robusten Prozess und beschleunigen das Prozess-Design neuer Medikamente.
  • Sprachgesteuerte Technologie: Produktwechsel mit Headset, Bediener wird durch das Verfahren geführt; Vorteile: klare Anweisungen, weniger Fehler
  • Verbundene Drohnen: zur Inspektion der Anlagen
  • Data Science: Große Datenmengen in der Fertigung - wie verbinden wir alle Daten?

Eine weitere Schlüsselfrage des ersten Nachmittags war: Können wir die zukünftige Qualität vorhersagen?

Pam Cheng berichtete über die “vorausschauende Wartung”, die AstraZeneca für eine Verpackungslinie in Schweden eingeführt hat. Ausfälle können vorhergesagt werden: Sie können eingreifen, bevor etwas ausfällt.

"Neue Halbwertszeit einer Fertigkeit beträgt 5 Jahre!"

Sie empfahl, sich die vielen digitalen Dinge anzusehen, die Sie bereits umgeben. Kontinuierliches Lernen wird dabei immer wichtiger.

Nicht zuletzt sind die Menschen einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Fabrik der Zukunft!


Quo vadis Pharmaherstellung?

Thomas Wozniewski, Global Manufacturing & Supply Officer, Takeda, präsentierte seine Sicht auf die global relevanten Erfolgsfaktoren für Fertigung und Qualität.

Er verwies auf ein neues Produkt aus lebenden Stammzellen, Alofisel®, das aus vielen Gründen herausfordernd ist, z. B. Haltbarkeit, Lagertemperatur, Chargengröße, Produktionszeitpunkt (unmittelbar vor der Operation). Sterilitätstests sind Schnelltests oder die Freigabe erfolgt unter Vorbehalt, bevor die Ergebnisse des Tests vorliegen.

Für Alofisel® wird die Lieferkette digital unterstützt: Eine Krankenschwester kann mit einer Handy-App die Produktion des Medikaments buchen. Sogar Echtzeit-Feedback aus dem Krankenhaus über den Zustand des Patienten ist via App möglich.

"Es gibt 4 wichtige Trends."

Trend 1:    Technologiewandel

Trend 2:    Kombinationen von Arzneimitteln und Medizinprodukten

Trend 3:    Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen führen zu kürzeren Entwicklungszeiten: Fast-Track-Genehmigungen

Trend 4:    Umweltverträglichkeit ist wichtig!

Große Datenmengen und Digitalisierung werden einen großen Einfluss auf die globale Fertigung und Versorgung haben.

  • Big Data im globalen Produktions- und Liefernetzwerk
  • Datenanalyse
  • Visualisierung der Lieferkette (Identifikation mit Barcode)
  • Leitstellenkonzept: Künstliche Intelligenz bei der automatischen Linienfreigabe
  • Virtual-Reality-Training
  • Digitaler Austausch von Best Practices (Drohnen-Inspektionen, digitale Chargen-dokumentation, ...)
  • 3D-Druck von Ersatzteilen

Entwicklung von Biologika der nächsten Generation

Brendan O'Callaghan von Sanofi leitete die Keynote-Sessions ein mit seinem Vortrag über die Entwicklung von Biologika der nächsten Generation. Er stellt die Strategie von Sanofi für die zukünftige Fertigung vor, die Folgendes umfasst:

  • Multi-Targeting-Moleküle
  • Eigenes Entwicklungsmodell (bisher fast nur externe Partner für Biologika)
  • Investitionen in interne Kapazitäten und Fähigkeiten
  • Kapazitätserweiterung durch strategische Partnerschaften (ausgewählte Partner, gibt Flexibilität, Skalierbarkeit)
  • Vorbereitung auf die Zukunft durch innovative Technologie-Plattformen (nächste Generation von Biologika, integrierte kontinuierliche Produktion, mit kleinen Reaktoren: Reduzierung des Platzbedarfs - vollständig papierlos).

Ein neuer US-Standort mit einer integrierten kontinuierlichen Bioproduktion hat folgende Vorteile:

  • Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks um 50 %
  • Kleinere Größe der Bioreaktoren: vorher 4 x 2000 l, jetzt 2 x 100 l
  • Verkleinerung der Herstellungseinheit um 50-60 %
  • Reduzierte Reinigung durch Verwendung von Einmalartikeln
  • Schnelle Produktwechsel möglich
  • Steigerung der Produktivität
  • Bessere Konsistenz
  • Bessere Zuverlässigkeit
  • Niedrigere Herstellungskosten

Die digitale Technologie ist eine Voraussetzung für eine Fabrik der Zukunft. Brendan O'Callaghan erwähnte in diesem Zusammenhang:

  • Digitale Konnektivität: Echtzeitverständnis der Bedürfnisse (Fertigung in Verbindung mit dem Vertrieb)
  • Bediener erhalten Informationen in Echtzeit (Datenstreaming), sie können den Prozess in Echtzeit überwachen.
  • Angeschlossene Geräte - vorausschauende Wartung
  • Intelligente Qualität: at line und in line Probenahme und Prüfung; Möglichkeit, in der Produktion eigene Qualitätstests durchzuführen.
  • Rechtzeitige Freigabe: automatisierte Verifizierung, Qualitätsprüfung
  • Digitale Twin-Technologie wird für die Schulung des Personals vor der Inbetriebnahme der Anlage eingesetzt und dient auch zur Simulation von Änderungen.

Mit der neuen Betriebsstätte hat Sanofi bereits die Fabrik der Zukunft realisiert!


Quellen:

ISPE Europe Jahreskonferenz 2019:

Pam P. Cheng, Executive Vice President - Global Operations & IT, AstraZeneca: Globaler Erfolgsfaktor: Innovation und Digitalisierung

Thomas Wozniewski, Global Manufacturing & Supply Officer, Takeda: Die Transformation der globalen Produktion und Versorgung bei Takeda

Brendan D. O'Callaghan, Senior Vice President & Global Head Biologics Platform, Sanofi: Entwicklung von Biologika der nächsten Generation

 
Sabine Paris

Autorin

Dr. Sabine Paris
Senior-GMP-Expertin / Chefredakteurin GMP Compliance Adviser
E-Mail: sabine.paris@gmp-verlag.de

 
 

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