18.02.2020 | LOGFILE Leitartikel 07/2020

Ein GMP-Dialog der GMP-BERATER-Tage im Oktober 2019 titelte „Grundlegende GMP-Fragen und Antworten“. Hier konnten die Fragen gestellt werden, auf die die Teilnehmer schon immer eine Antwort haben wollten. Die beiden Experten gaben Antworten im Rahmen einer regen Diskussion.

Grundlegende GMP-Fragen und Antworten

7 Min. Lesezeit | Expert*innen: Dr. Petra Rempe, Dr. Josef Künzle | Protokoll: Dr. Sabine Paris

 

Fragen, die sich kaum jemand zu fragen traut: In welcher Sprache muss ich Dokumente abfassen? Muss ich einen bestimmten Stift für Unterschriften verwenden?

Wer muss auf GMP-Dokumenten unterschreiben? Darf ich die OQ vor Abschluss der IQ beginnen? Auf viele grundlegende Fragen geben die Regularien keine klare Antwort. Dieser Dialog bot ein Forum für all diese Fragen.

 

Qualifizierungsdokumente eines Anlagenbauers werden von den verantwortlichen Mitarbeitern mit i.A. oder i.V. unterschrieben? Ist das akzeptabel?

In der Pharmaindustrie ist dieses Vorgehen unüblich. Da dies letztlich für die Freigabe/Autorisierung der Dokumente aber nicht relevant ist, kann auch mit den Zusätzen i.A. oder i.V. unterschrieben werden.


Qualifizierung/Validierung von computergestützten Systemen (CSV): Wo beginnt man mit der Qualifizierung? Was muss alles eingeschlossen werden bei der Validierung?

Qualitätsrisikomanagement ist das wichtigste Instrument für die Qualifizierung und Validierung von computergestützten Systemen. In Risikoanalysen ist zu zeigen, welche Bereiche kritisch sind. Diese sind zu validieren. Es ist nicht sinnvoll, alle Elemente zu validieren. Ganze Infrastrukturen, Browser oder Suchmaschinen müssen nicht validiert werden.

Der Hersteller sollte sich fragen: „Was brauche ich und nicht was wollt ihr (die Behörde)?“

Wichtig ist, dass der pharmazeutische Hersteller ein Konzept hat. Er muss einen Gesamtüberblick haben über seine Systeme und ihre Elemente sowie deren Interaktion. Dabei muss Datenintegrität gewährleistet sein.

Die Qualitätskultur des Unternehmens muss auch die Computertechnik und ihre Mitarbeiter einschließen. Beispielsweise muss ein Techniker, der Bauteile des Computersystems ersetzt, deren Qualität berücksichtigen und prüfen, ob dieser Austausch ggf. Folgen nach sich zieht.


Ein neues elektronisches Schulungssystem meldet eine Überschreitung des Due Dates für erforderliche Schulungen nicht. Wie gehe ich damit um? Wie überprüft die Behörde den Schulungsstatus der Mitarbeiter?

Das neue elektronische Schulungssystem einer Firma gilt für alle Bereiche, nicht nur für GMP. Eine Meldung bei Überschreitung des Due Dates ist für andere Bereiche nicht relevant und daher im System nicht mehr vorgesehen. Zusätzlich bleiben auch Dokumente zur Schulung von Mitarbeitern zugeteilt, die für ihre jetzige Tätigkeit nicht relevant sind. Der Mitarbeiter wird nicht zu diesen Dokumenten geschult, so dass im System offene Schulungen stehen bleiben.

Im geschilderten Fall handelt es sich um einen Systemfehler. Das System muss melden, wenn ein Mitarbeiter in einem Bereich arbeitet, für den er nicht geschult ist. Das Unternehmen kann nicht sicherstellen, dass die Mitarbeiter korrekt geschult sind. Der zusätzliche Kontrollaufwand wäre zu hoch.

Möglich wäre, diesen Fehler im Quality Management Review als kritischen Mangel aufzunehmen. Die Überwachungsbehörde kann diesen Punkt aus dem Review aufgreifen und in ihrem Bericht adressieren.

Die Behörde prüft bezüglich Schulungen, ob der Leiter der Herstellung und der Leiter der Qualitätskontrolle sichergestellt und kontrolliert haben, dass ihre Mitarbeiter den korrekten Schulungsstand haben. Erwartet wird, dass Vorgabedokumente zentral geschult werden.


Das Herstellungsprotokoll wird durch zwei Personen unterzeichnet. Für diese Tätigkeit sind in der zugehörigen SOPs eine kleine Anzahl an Funktionsträgern festgelegt. Ist es akzeptabel, dass die sachkundige Person (nicht in der SOP genannt) das Protokoll mitunterzeichnet, wenn keine der in der SOP genannten Personen vor Ort ist?

Der geschilderte Fall ist nicht zu akzeptieren. Es muss eine Abweichungsmeldung geschrieben werden, in der diese zu bewerten ist und Maßnahmen zu definieren sind. Die Leitung der Herstellung ist verantwortlich für die Autorisierung des Herstellungsprotokolls. Dieses sollte daher zuletzt von der Leitung der Herstellung unterzeichnet werden. Möglich ist, in der zugehörigen SOP eine umfassendere Vertretungsregelung für die unterzeichnenden Personen aufzunehmen. Aber es muss in jedem Fall definiert sein, „was die Unterschriftsleistung wert ist“. Die SOP sollte beschreiben, was der Unterzeichnende vor der Unterschrift zu prüfen hat und für was er verantwortlich zeichnet.

In einigen Firmen unterschreiben zahlreiche Funktionsträger das Herstellungsprotokoll, z. T. zur Kenntnisnahme. Dieses Vorgehen sollte überdacht werden. Denn oft gilt: „Die Qualität eines GMP-Dokuments ist umgekehrt proportional zur Anzahl der Unterschriften.“


Wie gehe ich mit Due-Date-Überschreitungen bei Abweichungen um?

Die Überschreitungen der Due Dates können nicht ignoriert werden. Im Prinzip ist jede Überschreitung wieder eine neue Abweichung. Möglich und pragmatisch wäre aber auch, dies in den bestehenden Vorgang aufzunehmen, zu bewerten und sich einen neuen Termin zu setzen.

Zu hinterfragen ist, ob die gesetzten Termine sinnvoll sind, oder ob man sich nicht unnötig ein zu enges Korsett vorgibt.


Gelten die GDP-Leitlinien auch für Apotheken?

Für Apotheken gelten die GDP-Leitlinien nur, wenn die Apotheke gleichzeitig eine Großhandelserlaubnis hat.

Erfahrungen aus diesem Bereich haben gezeigt, dass es zielführender wäre, wenn Apotheken entweder ausschließlich öffentliche Apotheken oder Großhändler wären, aber nicht beide Tätigkeiten parallel ausübten.


Lagerung von Arzneimitteln unter Quarantäne in einer externen Betriebsstätte bei einem Logistiker: Müssen Mitarbeiter des pharmazeutischen Unternehmers (PU) beim Logistiker vor Ort mitarbeiten bzw. angestellt sein?

Mitarbeiter des PUs müssen beim Logistiker arbeiten bzw. dort Zutritt haben, z. B. zur Probenahme. In der Praxis können dabei auch Mitarbeiter des Logistikers auf der Gehaltsliste des PUs geführt werden.

Der PU muss vertraglich mit dem Dienstleister festlegen, welches Personal Zutritt zu der externen Betriebsstätte hat. Das Personal muss der Weisung des PUs unterliegen.


Fazit:

  • Qualifizierungsdokumente können mit i.A. oder i.V. unterschrieben sein. Grundsätzlich ist das aber unüblich.
  • Der Umfang der CSV sollte mittels QRM bestimmt werden. Kritische Bereiche sollten validiert werden, aber nicht ganze Infrastrukturen.
  • Elektronische Schulungssysteme müssen den Schulungsstatus der Mitarbeiter zuverlässig und korrekt zeigen können. Abweichungen sollte das System selbsttätig melden.
  • Die Leitung der Herstellung ist verantwortlich für die Autorisierung des Herstellungsprotokolls. Die zugehörige SOP sollte praxistaugliche Vertretungsregelungen sowie konkrete Verantwortlichkeiten für alle Unterzeichnenden festlegen.
  • Due-Date-Überschreitungen bei Abweichungen sind wiederum Abweichungen. Geprüft werden sollte bei häufigen Überschreitungen die Möglichkeit, die Termine weiter zu setzen.
  • Die GDP-Leitlinien gelten nur für Apotheken mit Großhandelserlaubnis.
  • Lagerung von Arzneimitteln unter Quarantäne in einer externen Betriebsstätte: Mitarbeiter, die Zutritt zur externen Betriebsstätte haben, müssen der Weisung des PUs unterliegen. Dies muss auch vertraglich festgelegt sein.

 
Petra Rempe

Autorin

Dr. Petra Rempe
GMP/GDP-Inspektorin der Bezirksregierung Münster
E-Mail:

Josef Künzle

Autor

Dr. phil. Josef Künzle
Head of Global Quality Management im Bereich GxP
E-Mail: jmkuenzle@intergga.ch

Sabine Paris

Autorin

Dr. Sabine Paris
Senior GMP-Expertin, Apothekerin
E-Mail: sabine.paris@gmp-verlag.de

 

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