01.10.2024 | LOGFILE Leitartikel 20/2024

Neues von der PDA/FDA Joint Regulatory Conference 2024

Neues von der PDA/FDA Joint Regulatory Conference 2024

7 Min. Lesezeit | von Dr. Sabine Paris und Thomas Peither

Die 33. PDA/FDA Joint Regulatory Conference fand vom 9. bis 11. September in Washington mit über 900 Teilnehmenden statt. Es war eine großartige Gelegenheit, Wissen auszutauschen, Theorie und Praxis zu verbinden und Kontakte zu knüpfen.

Wir haben als Vertreter des GMP-Verlags an der Veranstaltung teilgenommen und einige der wichtigsten Erkenntnisse in diesem Artikel zusammengefasst. Ein ausführlicherer Bericht wird in unserem Online-GMP-Wissensportal, dem GMP BERATER, veröffentlicht.

Was gibt es Neues von der FDA?

Am ersten Tag der Konferenz hörten die Teilnehmenden immer wieder den Begriff "nachhaltige Qualität". Patrizia Cavazzoni, CDER, verwendete den Begriff in ihrer Keynote. Was versteht die FDA darunter? Es bedeutet nicht, dass die pharmazeutische Industrie jetzt nachhaltig in Bezug auf die CO2-Reduktion werden soll, sondern dass Qualitätsstrukturen nachhaltig aufgebaut werden sollen. “Nachhaltige Compliance ist ein langfristiger Ansatz", sagte Cavazzoni. Es handelt sich also eher um eine Weiterführung des Qualitätskulturansatzes. Er fördert die Idee, dass Qualitätsprozesse so etabliert werden sollten, dass sie eine nachhaltige, d. h. langfristige Wirkung haben. Dies steht im Gegensatz zu den kurzfristigen Maßnahmen, die oft nach Inspektionen und den daraus resultierenden CAPAs durchgeführt werden. Jonathan Chapman, Office of Manufacturing Quality, betonte in einer späteren Session, dass CAPAs nicht innerhalb der 15-tägigen Reaktionszeit nach einer Inspektion umgesetzt werden müssen, sondern dass ein verlässlicher Plan zur Behebung der Mängel vorgelegt werden muss. Auch hier ist eine nachhaltige Umsetzung einer schnellen Lösung vorzuziehen.

Abbildung 1                        Nachhaltige Compliance (Quelle: Patrizia Cavazzoni, CDER)

Und die wichtigste Zutat: Top-Management! Das ist nicht wirklich neu, aber man kann es nicht oft genug wiederholen und betonen. Und Cavazzoni sagte: "Die oberste Führungsebene gibt den Ton an" und erinnerte die Zuhörer daran, dass Qualität ein ganzheitlicher und kontinuierlicher Ansatz ist und dass ein solcher Ansatz ohne die aktive Beteiligung der obersten Führungsebene nicht funktionieren kann.


ORA geht in OII über: Eine wichtige Umstrukturierung der FDA

Am 1. Oktober wird die FDA eine ihrer größten Umstrukturierungen seit Jahrzehnten vornehmen. Das Office of Regulatory Affairs (ORA) wird offiziell in das Office of Inspections and Investigations (OII) umgewandelt, wodurch wichtige Ressourcen aus allen Bereichen der FDA in einer einzigen, leistungsfähigeren Einheit zusammengefasst werden.

Diese Änderung soll die Effizienz steigern und die Einhaltung der Vorschriften in der gesamten Behörde verbessern. Auch wenn die Pharmaunternehmen möglicherweise keine unmittelbaren Auswirkungen spüren werden, erwartet die FDA, dass sich die Qualität der Inspektionen langfristig verbessern wird.

Mit Blick auf das Jahr 2025 plant die FDA weitere Entwicklungen, um die Reorganisation zu verfeinern. Patrizia Cavazzoni betonte die Vision einer "One Compliance Group" innerhalb der Behörde. Alonza Cruse, ORA, beschrieb die neue Richtung als einen "ganzheitlichen Ansatz für Complaince", der sich auf den Aufbau eines leistungsfähigen Inspektorats konzentriere.


Was gibt es Neues in der pharmazeutischen Qualität?

Diese Frage beantworteten Tina Kiang, Division of Regulations and Guidance, OPPQ, und Tara Gooen Bizjak, Director of Manufacturing Guidance and Policy Staff, CDER, am ersten Tag der PDA/FDA-Konferenz 2024 in Washington. Sie gaben einen präzisen Überblick über die kürzlich veröffentlichten pharmazeutischen Qualitäts- und CGMP-Leitlinien.

Tina Kiang berichtete über die jüngste Umstrukturierung des Office of Pharmaceutical Quality (OPQ), um eine agilere, stärker vernetzte und einflussreichere Organisation zu schaffen. Die bisherige Struktur wurde aufgelöst und neu zusammengesetzt. Neue Arzneimittel und Arzneimittel im Lebenszyklus werden nun von denselben Offices (Offices of Product Quality Assessment I-III) bearbeitet. Ein neues internes Office für pharmazeutische Qualitätspolitik (Office of Policy for Pharmaceutical Quality, OPPQ) wurde eingerichtet.

Sie stellte 12 neue oder überarbeitete Leitlinien für die Industrie vor, die in den letzten Monaten veröffentlicht wurden. Dazu gehören unter anderem: Advanced Manufacturing Technologies Designation Program, Container Closure System und Component Changes: Glass Vials and Stoppers.

Gerade erst Anfang September in zweiter Revision veröffentlicht: The control of nitrosamine contamination in human pharmaceuticals (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2        Kontrolle von Nitrosamin-Verunreinigungen in Humanarzneimitteln (Quelle: Tina Kiang, FDA/OPQ/OPPQ)

Die Fragen und Antworten der FDA zu den CGMP-Anforderungen wurden 2023 und 2024 durch Fragen und Antworten zur parametrischen Freigabe für nicht terminal sterilisierte Arzneimittel und für verunreinigte Ophthalmika ergänzt.


Aktuelle Inspektionsfindings

Timothy Pohlhaus, CDER, zeigte beeindruckende Fotos und Beispiele von Inspektionsergebnissen bei aseptischen Produkten. Themen waren unter anderem aseptische Abfüllung, aseptische Praktiken, Visualisierungsstudien von Luftströmen, Media-Fills, aseptische Bekleidung und Reinraumgdesign.

Madushini Dharmasena, Senior Pharmaceutical Quality Assessor, CDER, präsentierte Trends bei Pre-Approval-Inspektionen von biologischen Arzneimitteln. Die TOP 3 der Mängel wurden in den Kategorien gefunden:

  • Umgebungs-/Personalmonitoring
  • Datenintegrität,
  • Kontrolle und Validierung aseptischer Prozesse.

In der Diskussion mit anderen FDA-Vertretern, auch von der CBER, wurden die folgenden besorgniserregenden Trends genannt:

  • unzureichende Untersuchung von Fehlern, unzureichende Ursachenanalyse – eine gründliche Untersuchung ist teuer!
  • fehlende Trendanalysen, z. B. beim Umgebungsmonitoring; es wurde nicht erkannt, dass es ein Muster mit 700 Schimmelpilzfunden in 3 Jahren gibt!
  • Fehlen von SOPs
  • unsterile Media-Fills
  • fehlende Reinigungsvalidierung

Das Lesen von SOPs ist keine Schulung!

Diese starke Aussage wurde in mehreren Frage- und Antwortrunden mit der FDA aufgegriffen. Sie unterstreicht einen entscheidenden Punkt: Schulung ist mehr als nur das Lesen von SOPs – sie erfordert eine Erfolgs- und Wirksamkeitskontrolle.

Die Vertreter der FDA betonten, dass ein effektives Training ein Eckpfeiler der GMP-Compliance ist. Sie warnten jedoch vor wiederholten, ineffektiven Schulungen. Eine wichtige Erkenntnis: wiederauftretende Fehler sind oft auf eine oberflächliche Ursachenanalyse zurückzuführen, was darauf hindeutet, dass Qualitätsmanagementsysteme in der Praxis nicht vollständig umgesetzt werden.

Wie Douglas Throckmorton, Deputy Director for Regulatory Programs, CDER, es ausdrückte: "Wir befinden uns im Zeitalter der Qualität". Jeder Mitarbeiter muss sich die Qualität zu seiner Sache machen. Patrizia Cavazzoni fügte hinzu: "Der wichtigste Faktor sind die Führungskräfte. Sie geben den Ton an!"

Ein Schwerpunt der FDA-Inspektionen bleibt in jeden Fall die ordnungsgemäße GMP-Schulung und die wirksame Erfolgskontrolle.

 
Sabine Paris

Autorin

Dr. Sabine Paris
Senior-GMP-Expertin, Apothekerin
E-Mail: sabine.paris@gmp-verlag.de

Thomas Peither

Autor

Thomas Peither
GMP-Experte, GMP-Fachjournalist und Gründer des GMP-Verlags Peither AG
E-Mail: thomas.peither@gmp-verlag.de

 
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