Diese Fragestellung haben wir an mehrere Autoren unseres Expertenteams weitergeleitet. Dass die Frage nach dem Partikelmonitoring im nicht-sterilen Bereich offensichtlich eine „Grauzone“ ist, zeigt der folgende Auszug aus den Antworten, die uns erreicht haben.
Im Aide-Mémoire (AiM) 07121105 der ZLG ist unter Punkt 4.12 die Meinung der EFG 10 inkl. möglicher Grenzen dargestellt.
Das AiM ist sehr hilfreich, auch wenn es nichts direkt über die Partikel aussagt.
Eine Festlegung auf ISO 8 gibt es derzeit nicht. Werte, wie sie beispielsweise die WHO in ihren Technical Report Series ausspricht, können als Empfehlungen angesehen werden.
Die Anforderung nach ISO 8 für E/F ist subjektiv und berücksichtigt beispielsweise nicht die Aspekte von at-rest-/ in-operation-Unterschieden bei den Messungen. Da auch die Klassen E/F (bzw. die korrespondierenden Arzneiformen oder spezifischen Anlagen/Prozesse) nicht regulativ definiert sind, entstehen hier auf diese Weise sehr viele Interpretationsspielräume und risikobasierte Chancen der herstellenden Betriebe zur spezifisch geeigneten Definition.
Es sollte jedoch auch klar festgehalten sein, dass sich dies dann zudem auf eine Qualifizierung gemäß ISO 14644 bezieht und im Monitoring entsprechende Grenzwerte, Messpunkte und Frequenzen festzulegen sind.
Entgegen der weitläufigen Meinung ist das GMP-ABC nicht an der D-Grenze zu Ende. Die Fortführung ist „nur“ der konsequente und weiter gedachte Gedankengang zur Reinheitsklasseneinteilung (inkl. z. B. der Druckkaskade). Dieser Gedankengang wird von den Überwachungsbehörden gerne gesehen!
Grundsätzlich ist die Klasseneinteilung „nur“ im sterilen Bereich direkt gefordert. Dennoch können diese Einteilungen auch bereichsübergreifend genutzt werden. Dies wird in den Bereichen der „unsterilen“ Herstellung gerne genutzt.
Aus meiner Sicht ist auch innerhalb der Herstellung der nicht sterilen Darreichungsformen eine Partikelkontrolle zwingend. Eine funktionierende, hygienische Ableitung ohne Partikelkontrolle ist nicht möglich. Die ISO 8 wird gewählt, da die ISO 9 – mit den sehr hohen Partikelgrenzwerten – zu risikobehaftet ist. Es können auch eigene Partikelgrenzwerte definiert werden. Die Herleitung ist aber sehr schwierig. Deshalb wird die Möglichkeit zur Verwendung der ISO 8 gerne genutzt.
Die Fortführung der Buchstabeneinteilung der Hygieneklassen in andere Bereiche ist möglich und sinnvoll. Die Partikelkontrolle und damit die Definition der Grenzwerte hängen von der Herstellung der Darreichungsformen ab. In dem genannten Beispiel ist die Partikelkontrolle zwingend! Die Anforderungen an die „mikrobiologische Reinheit“ schließt die Partikelkontrolle mit ein, denn luftgetragene Partikel haben oft Keime als Mitfahrer.
Der Annex 1 (EU-GMP) und der „Aseptic Guide“ (US-FDA) kennen die Reinheitsgrade E und F nicht.
Von der ZLG wurde 2010 ein Aide-Mémoire zur „Inspektion von Qualifizierung und Validierung in pharmazeutischer Herstellung und Qualitätskontrolle“ verfasst (AiM 07121105). Im Abschnitt zur Qualifizierungsanforderung an Produktionsräume gibt es eine Tabelle mit Richtwerten als Beispiel für die mikrobiologische Luftqualität zur Herstellung nicht-steriler Arzneimittel. In Analogie zum Anhang 1 des EU-GMP-Leitfadens sind die Klassifizierungen für eine E- und F-Klasse beispielhaft angeführt. Dabei sind keine Partikelkonzentrationen oder Limits angeführt, sondern es wird lediglich die empfohlene KBE/m³-Konzentration für den Status at rest und in operation angegeben.
Eine Reinraumklassifizierung, die sich nur auf Keimzahlen bezieht, kann aber nicht mit einer ISO-Klasse verglichen werden. In der ISO-Klassifizierung sind immer alle Partikel enthalten – sowohl „lebende“ (Keime) als auch „nicht lebende“ (Staub, Fasern, usw.). Eine eindeutige ISO-Klassifizierung verlangt ergänzend noch zwei weitere Parameter:
... und gibt keine Richtwerte für Keimzahlen – wie in den pharmazeutischen Klassifizierungen – an.
Um die im ZLG-Dokument angegebenen mikrobiologischen Werte zu erreichen, kann von einer Lüftungsanlage ausgegangen werden, die die Anforderungen der EU-GMP-Klasse D erreicht (d.h., die den Luftwechsel nach der thermischen Last bestimmt, bzw. ca. 8- bis 12-fach).
Per Definition sind Schleusen nicht als „Reinraum“ zu sehen (oder wird dort etwa produziert?). Sie dienen ausschließlich dazu, unterschiedliche Reinraumklassen luftseitig sicher zu trennen und den Material- und Personalübergang zu steuern. "Schleusen sollen im At-rest-Zustand die Reinheitsklasse des angrenzenden Reinraumes erreichen“, sagt die Definition.
Dies führt aber immer wieder dazu, dass für Schleusen eine Reinheitsklasse festgelegt wird, die dem angrenzenden Reinraum entspricht. Die meisten SOPs beschreiben die Monitoring-Aktivitäten für diese Reinraumklasse, und das wird dann auch auf die Schleusen angewendet.
Eine mögliche Vorgangsweise sehe ich darin, die Einschleuseprozedur zu „validieren“. Damit wird ein Worst-case-Szenario (maximaler Personen- oder/und Materialdurchfluss) gemessen ([Partikel und] Keime) und die Zeit bis zum Erreichen des gewünschten Reinheitsgrades bestimmt. Danach wird der Zugang zum Reinraum erlaubt (Zeitablauf durch Uhr kontrolliert und Schulung des Personals, oder automatisch durch die Türverriegelungen).
Eine „Revalidierung“ wäre erst notwendig, wenn sich die Parameter (Raumeinrichtung, Lüftungsanlage, Anzahl Personal und Material usw.) gegenüber der Erstvalidierung geändert haben.
Die Notwendigkeit eines (Partikel- oder/und Keim-)Monitorings in Schleusen sehe ich daher in diesem Zusammenhang nicht gegeben.
Verweisen möchte ich aber zusätzlich auf die Verantwortung des Herstellers, der dafür das Risiko zu beurteilen hat. Guidelines und Normen können dazu nur eine Hilfestellung geben, aber keine rechtlich verbindlichen Vorgaben machen.
Bereich |
Grenzwerte im |
Grenzwerte im |
Routinemonitoring |
|
Warngrenze |
Aktionsgrenze |
(KBE/m3) |
||
Herstellung |
250 |
500 |
100 |
quartalsweise |
Herstellung von Tabletten, -Kapseln und -Dragees3 |
500 |
800 |
400 |
quartalsweise bis jährlich |
1: Koloniebildende Einheit 2: In Analogie zum Anhang 1 des EG-GMP-Leitfadens kann dieser Bereich auch als E‑Zone klassifiziert werden. 3: In Analogie zum Anhang 1 des EG-GMP-Leitfadens kann dieser Bereich auch als F‑Zone klassifiziert werden. 4: In Abhängigkeit der Produkteigenschaften kann die Notwendigkeit bestehen, dass für halbfeste Darreichungsformen auf Wasserbasis strengere Grenzwerte festzulegen sind. (vgl. Anhang 9 EG-GMP-Leitfaden) |
Tipp der Redaktion
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