Was bewegt die Kunden des GMP-Verlags?
Sie stellen Ihre Frage – wir antworten.
„Wir haben in unserem GMP-Lager einen pharmazeutischen Wirkstoff (ICH Q7), der gemäß vorliegender Stabilitätsdaten bis maximal 40°C gelagert werden darf. Es handelt sich um die Suspension eines UV-Filters. Nun soll das bestehende Monitoring-System ersetzt werden. Es stellt sich die Frage, ob es nicht möglich wäre, auf eine Überwachung der Temperatur gänzlich zu verzichten, wenn mit erweiterten Stabilitätstest bei z. B. 50°C nachgewiesen werden kann, dass das Produkt auch bei diesen Temperaturen stabil bleibt. Es ist davon auszugehen, dass diese Temperaturen im Lagergebäude nie erreichen werden. Dies könnte mit Daten aus den vergangenen Jahren belegt werden.
Würden Sie diesem Ansatz aus regulatorischer Sicht eine Chance geben oder muss auch bei Stabilitätsdaten bis 50°C jederzeit nachweisbar sein, dass diese Temperatur nicht überschritten wurde?“
Wir haben dazu zwei ausführliche Antworten an unseren Kunden weitergegeben, die sicherlich Denkanstöße für die weitere Entscheidungsfindung innerhalb der Firma liefern werden.
Die Stellungnahme einer GMP-Inspektorin dazu liest sich wie folgt:
„Prinzipiell könnte ich mir die vorgeschlagene Vorgehensweise vorstellen. Die vorhandenen regulatorischen Anforderungen für Wirkstoffe (GMP und GDP) bieten zum einen die Möglichkeit eines risikobasierten Ansatzes, zum anderen wird aber auch eine Überwachung/Aufzeichnung der Lagertemperaturen beschrieben.“
(Quellen ohne Anspruch auf Vollständigkeit: EU-GMP-Leitfaden Teil II: 7.40, 10.10, 11.50; EU-GDP für Wirkstoffe: 2.2 [1.vii)], 4.5, 5.1, 6.7)
„Wird von diesen Vorgaben abgewichen, ist zu begründen, dass das gewählte Verfahren mindestens gleichwertig ist. Eine Abstimmung mit der zuständigen Überwachungsbehörde halte ich für zwingend notwendig. Allerdings stellt sich mir die Frage, ob in dem beschriebenen Lager nur dieser eine Wirkstoff gelagert wird (also „dedicated“) oder ob es ein Lager ist, in dem auch andere, nicht so robuste Wirkstoffe gelagert werden, die andere, enger gefasste Lagerbedingungen benötigen. Im Falle einer Lagerung von unterschiedlichen, meist auch wechselnden Wirkstoffen wäre die Diskussion, ob einer davon noch bei 50°C oder mehr stabil ist, und ob auf ein Monitoring-System verzichtet werden kann, müßig. In einem solchen Fall sind die Vorgaben für das Produkt mit der geringsten Stabilität entscheidend. Hier böte das Vorhandensein eines Monitoring-System die höhere Sicherheit und Flexibilität.“
Eine GxP-erfahrene Auditorin und Beraterin ergänzt weitere Aspekte zur Fragestellung:
“Im Zusammenhang mit der Frage, ob und in welchem Umfang Lagerbedingungen überwacht und aufgezeichnet werden müssen, ist auch relevant, wie der betreffende Wirkstoff hinsichtlich der Lagerbedingungen gekennzeichnet ist. Basierend auf den Informationen des Kunden vermute ich, dass eine ICH-Stabilitäts-Studie für Klimazone II durchgeführt wurde, dementsprechend also „long term“-Daten (25/60) und „accelerated“-Daten (40/75) vorliegen, die keine Auffälligkeiten (no significant change) zeigen.
Wenn auf Basis dieser Daten der betreffende Wirkstoff auf dem Etikett keine Angaben zu den Lagerbedingungen trägt, müssen spezifische Lagerbedingungen auch nicht definiert werden. Dementsprechend sind dann weder Monitoring noch Aufzeichnungen erforderlich - es gibt ja keine Grenzen, die über- oder unterschritten werden könnten und Maßnahmen erfordern würden. Die Aufzeichnungen wären dann rein "dekorativer Art".
Ist der betreffende Wirkstoff dagegen mit Lagerbedingungen gekennzeichnet (z. B. nicht über 25 °C oder nicht über 30 °C oder eben auch nicht über 40 °C lagern), dann muss sichergestellt werden, dass diese Lagerbedingungen auch eingehalten werden. Ein Monitoring und die Aufbewahrung der entsprechenden Aufzeichnungen sind unumgänglich.
Als weiterer Aspekt ist zu berücksichtigen, ob die Verantwortung für den Wirkstoff vollständig beim Kunden liegt oder ob es sich beispielsweise um einen Lohnhersteller o. ä. handelt, der im Auftrag seines Kunden lagert. Falls dann vertraglich mit diesem Kunden geregelt sein sollte, dass eine bestimmte Lagertemperatur einzuhalten ist, sind Monitoring und Aufzeichnungen ebenfalls zwingend.
Jetzt noch kurz beispielhaft zu dem Fall, dass der Wirkstoff also tatsächlich auf dem Etikett mit einer Lagerbedingung gekennzeichnet ist, sagen wir "nicht über 40 °C lagern". Nehmen wir weiterhin an, bei diesem Wirkstoff handele es sich um die einzige temperaturempfindliche Substanz im Lager (wichtiger Punkt). Dann stellt sich ja immer noch die Frage nach dem erforderlichen Umfang des Monitorings und der Aufzeichnungen. Sprich: Ist ein umfassendes computergestütztes Monitoring erforderlich oder reichen einige wenige kalibrierte Min/Max-Thermometer aus, die regelmäßig abgelesen werden? Für diese Entscheidung können sehr gut die vorhandenen historischen Monitoring-Daten herangezogen werden. Vielleicht zeigt sich dann, dass die Temperatur von 40 °C nur an wenigen Tagen im Jahr und immer nur in der höchsten Regalebene überschritten wird. Dann könnten zukünftig dem Wirkstoff grundsätzlich Lagerplätze nur auf den unteren Lagerebenen zugewiesen werden und diese Lagerplätze könnten dann auch mittels kalibriertem Min/Max-Thermometer und handschriftlichen Formblattaufzeichnungen überwacht werden. (Warum soll ich aufwendig ein ganzes Lager überwachen, wenn der Wirkstoff immer nur zwei Quadratmeter Lagerfläche belegt?)
Zum Schluss noch zu der Frage, ob man ein grundsätzlich erforderliches Monitoring irgendwann einstellen darf, wenn man langjährig sieht, dass ein bestimmter Grenzwert nie erreicht wird. Dies hängt meines Erachtens davon ab, wie weit die definierte Lagerbedingung und die erreichte Höchsttemperatur auseinanderliegen. Also, wiederum angenommen, es ist eine Lagerbedingung von maximal 40 °C definiert. Wenn das langjährige Monitoring zeigt, dass die sommerlichen Höchsttemperaturen im Lager nirgends und nie über 30 °C liegen, dann sehe ich sehr gute Chancen, risikobasiert zu begründen, dass ein Monitoring zukünftig nicht mehr erforderlich ist. Liegen die gemessenen Höchstwerte dagegen bei 39,7 °C, wird man - Risikoanalyse hin oder her - das wohl kaum begründen können.
Je nach Szenario kann man also risikobasiert sehr gut begründen, ob und wenn ja in welchem Umfang ein Monitoring erforderlich ist.“
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