30.05.2023 | LOGFILE Leitartikel 21/2023

Ein Auszug aus dem GMP-BERATER, Kapitel 2.E.2.1

Aufgaben und Verantwortungsbereiche der Sachkundigen Person

Aufgaben und Verantwortungsbereiche der Sachkundigen Person

13 Min. Lesezeit | von Dr. Michael Hiob

 

Grundsätze. – Nach Artikel 48 der Richtlinie 2001/83/EG haben die EU-Mitgliedstaaten alle zweckdienlichen Maßnahmen zu treffen, damit der Inhaber der Herstellungserlaubnis ständig und ununterbrochen über mindestens eine Sachkundige Person verfügt.

Die Aufgaben dieser Person sind in Artikel 51 der Richtlinie 2001/83/EG festgelegt (siehe Abbildung 1).

Aufgaben der Sachkundigen Person nach Art. 51 der Richtlinie 2001/83/EG

  • Sicherstellung, dass bei in dem betreffenden Mitgliedstaat hergestellten Arzneimitteln jede Charge von Arzneimitteln gemäß den in diesem Mitgliedstaat geltenden Rechtsvorschriften und entsprechend den der Genehmigung für das Inverkehrbringen zugrunde gelegten Anforderungen hergestellt und kontrolliert worden ist.
  • Sicherstellung, dass bei aus Drittländern eingeführten Arzneimitteln unabhängig davon, ob sie in der Gemeinschaft hergestellt wurden, jede Arzneimittelcharge in einem Mitgliedstaat einer vollständigen qualitativen Analyse, einer quantitativen Analyse zumindest aller Wirkstoffe und sämtlichen sonstigen Versuchen oder Prüfungen unterzogen wurde, die erforderlich sind, um die Qualität der Arzneimittel entsprechend den der Genehmigung für das Inverkehrbringen zugrunde gelegten Anforderungen zu gewährleisten.
  • Anfertigen von Kontrollberichten: In einem Mitgliedstaat auf diese Weise geprüfte Chargen von Arzneimitteln sind bei der Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat von den genannten Kontrollen befreit, wenn von der Sachkundigen Person unterzeichnete Kontrollberichte beigefügt sind.
  • Die Sachkundige Person muss in jedem Fall, insbesondere aber sobald die Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden, in einem Register oder in einem hierfür vorgesehenen gleichwertigen Dokument bescheinigen, dass jede Produktionscharge den Bestimmungen dieses Artikels entspricht; in das genannte Register oder gleichwertige Dokument müssen die einzelnen Vorgänge fortlaufend eingetragen werden; diese Register oder Dokumente müssen den Beauftragten der zuständigen Behörde während eines nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Zeitraums, mindestens aber fünf Jahre lang, zur Verfügung stehen.

Abbildung 1 Aufgaben der Sachkundigen Person nach Art. 51 der Richtlinie 2001/83/EG

Sinngemäß sind die in der Richtlinie 2001/83/EG beschriebenen Anforderungen auch im EU-GMP-Leitfaden, Kapitel 2, Nr. 6 dargestellt.


Chargenfreigabe nach Annex 16

Die Sachkundige Person muss dafür Sorge tragen, dass die Herstellung und Kontrolle jeder einzelnen Charge übereinstimmt mit

  • den geltenden Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem die Zertifizierung erfolgt,
  • den Anforderungen, die der Genehmigung für das Inverkehrbringen zugrunde liegen, sowie
  • den Anforderungen der Guten Herstellungspraxis (GMP).

Das Verfahren für die Chargenfreigabe umfasst:

  • Die Überprüfung der Herstellung und das Prüfen der Charge in Übereinstimmung mit den festgelegten Freigabeverfahren.
  • Die Zertifizierung der Fertigproduktcharge durch eine Sachkundige Person, die bestätigt, dass die Charge den Anforderungen der Guten Herstellungspraxis und der entsprechenden Genehmigung für das Inverkehrbringen entspricht. Hierbei handelt es sich um die Qualitätsfreigabe der Charge.
  • Die Überführung der Fertigproduktcharge in den verkaufsfähigen Bestand und/oder die Ausfuhr dieser Charge, wobei die Zertifizierung durch die Sachkundige Person berücksichtigt werden sollte. Wenn diese Überführung in einer anderen Betriebsstätte als der stattfindet, in der die Zertifizierung durchgeführt wird, sollte diese Regelung in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen den Betriebsstätten dokumentiert werden.

Durch die Kontrolle der Chargenfreigabe soll insbesondere Folgendes sichergestellt werden:

  • Die Charge wurde entsprechend den Anforderungen ihrer Genehmigung für das Inverkehrbringen hergestellt und geprüft.
  • Die Charge wurde gemäß den Grundsätzen und Leitfäden der Guten Herstellungspraxis hergestellt und geprüft.
  • Alle sonstigen relevanten gesetzlichen Vorgaben werden berücksichtigt.
  • Wenn die Untersuchung eines Qualitätsmangels oder der Rückruf einer Charge erforderlich ist, wird sichergestellt, dass alle Sachkundigen Personen, die an der Zertifizierung oder Bestätigung beteiligt waren, sowie alle relevanten Protokolle ohne weiteres identifiziert werden können.

Wenn zwischen der EU und dem Ausfuhrland kein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (MRA) oder eine ähnliche Vereinbarung besteht, ist die Sachkundige Person auch dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass die Fertigarzneimittelcharge in einem Mitgliedstaat einer vollständigen qualitativen Analyse, einer quantitativen Analyse zumindest aller Wirkstoffe und sämtlichen sonstigen Versuchen oder Prüfungen unterzogen wurde, die erforderlich sind, um die Qualität der Arzneimittel entsprechend den der Genehmigung für das Inverkehrbringen zugrunde gelegten Anforderungen zu gewährleisten.

Unabhängig davon, wie viele Betriebsstätten beteiligt sind, muss die Sachkundige Person, die das Fertigprodukt zertifiziert, sicherstellen, dass alle erforderlichen Schritte unter Einbindung von akzeptierten pharmazeutischen Qualitätssystemen durchgeführt wurden, um zu gewährleisten, dass die Charge der Guten Herstellungspraxis, der Genehmigung für das Inverkehrbringen und allen sonstigen rechtlichen Bestimmungen des Mitgliedsstaats, in dem die Zertifizierung erfolgt, entspricht.

Wenn in einer Betriebsstätte eine Charge nur teilweise hergestellt wird, muss eine Sachkundige Person in dieser Betriebsstätte zumindest bestätigen, dass die in der Betriebsstätte durchgeführten Schritte der Guten Herstellungspraxis und den Bedingungen der schriftlichen Vereinbarung entsprechen, in der die Schritte aufgeführt werden, für die die Betriebsstätte verantwortlich ist.

Die Sachkundige Person, die die Zertifizierung der Fertigproduktcharge durchführt, kann die gesamte Verantwortung für alle Herstellungsstufen der Charge übernehmen oder sich diese Verantwortung mit anderen Sachkundigen Personen teilen, die bestimmte Schritte der Herstellung und Kontrolle einer Charge bestätigt haben. Diese anderen Sachkundigen Personen können entweder für denselben oder für verschiedene Inhaber einer Herstellungs- bzw. Einfuhrerlaubnis arbeiten.


Chargenbewertung von klinischen Prüfpräparaten

Die Sachkundige Person soll nach europäischem Recht sicherstellen, dass jede Charge von Prüfpräparaten, die in der Union hergestellt oder in die Union eingeführt wird, den GMP-Anforderungen entspricht und eine entsprechende Bescheinigung darüber ausstellen.

Die Regelungen dazu sind derzeit noch in Artikel 13 Abs. 3 der Richtlinie 2001/20 beschrieben. Diese Richtlinie wird zukünftig durch die EU-Verordnung Nr. 536/2014 abgelöst werden. Wenn sich die EU-Kommission vergewissert hat, dass die Bedingungen für die zukünftige EU-Datenbank zur Verwaltung der klinischen Prüfungen erfüllt werden, veröffentlicht sie eine diesbezügliche Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union (Art. 82 Abs. 3). Die EU-Verordnung Nr. 536/2014 gilt dann ab dem sechsten Monat nach der Veröffentlichung dieser Mitteilung.

Gemäß Artikel 61 dieser Verordnung muss jeder, der klinische Prüfpräparate herstellt, dauerhaft und stets auf die Dienste zumindest einer Sachkundigen Person zurückgreifen können, die den in Artikel 49 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Qualifikationsvoraussetzungen entspricht.


Pharmazeutisches Qualitätssicherungssystem

Voraussetzung für die Chargenfreigabe ist ein funktionierendes pharmazeutisches Qualitätssicherungssystem:

  • Die Sachkundige Person ist dafür verantwortlich, dass alle Tätigkeiten, die mit der Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln im Zusammenhang stehen, gemäß den Grundsätzen und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis durchgeführt werden.
  • Die gesamte Lieferkette des Wirkstoffs und des Arzneimittels bis zur Stufe der Zertifizierung ist zu dokumentieren. Die Dokumentation soll der Sachkundigen Person zur Verfügung stehen. Dies sollte die Herstellungsstätten der Ausgangsstoffe und Verpackungsmaterialien für das Arzneimittel sowie alle anderen Materialien einschließen, die aufgrund einer Risikobeurteilung des Herstellungsprozesses als kritisch bewertet werden. Bei dem Dokument sollte es sich möglichst um ein umfassendes Diagramm handeln, in dem alle Beteiligten einschließlich der Unterauftragnehmer für kritische Schritte, wie die Sterilisierung von Bestandteilen und Ausrüstung für aseptische Verfahren, aufgeführt werden (sogenannte Supply Chain Map).
  • Alle Audits von Betriebsstätten, die an der Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln sowie der Herstellung des Wirkstoffs beteiligt sind, müssen durchgeführt worden sein. Die Auditberichte sollen der für die Zertifizierung zuständigen Sachkundigen Person zur Verfügung stehen.
  • Alle Betriebsstätten, in denen die Herstellung, Prüfung oder Zertifizierung erfolgt, müssen die Bestimmungen der Zulassung erfüllen.
  • Alle Herstellungs- und Prüftätigkeiten müssen den in der Zulassung beschriebenen Anforderungen entsprechen.
  • Die Quellen und Spezifikationen der für die Charge verwendeten Ausgangsstoffe und Verpackungsmaterialien müssen der Zulassung entsprechen.
  • Die Lieferanten müssen über Qualitätsmanagementsysteme verfügen, mit denen sichergestellt wird, dass ausschließlich Materialien in der erforderlichen Qualität geliefert wurden.
  • Die Herstellung der Wirkstoffe für Human- und Tierarzneimittel muss gemäß der Guten Herstellungspraxis für Wirkstoffe erfolgen. Ebenso muss ihr Vertrieb der Guten Vertriebspraxis (GDP) für Wirkstoffe entsprechen.
  • Die Einfuhr von Wirkstoffen, die zur Herstellung von Humanarzneimitteln verwendet werden, soll den Anforderungen von Artikel 46, Absatz b der Richtlinie 2001/83/EG in der geänderten Fassung entsprechen.
  • Hilfsstoffe für Humanarzneimittel sollen gemäß der Guten Herstellungspraxis nach Artikel 46, Absatz f der Richtlinie 2001/83/EG hergestellt werden.
  • Soweit zutreffend, muss der TSE (transmissible spongiforme Enzephalopathie)-Status aller Materialien, die bei der Herstellung der Charge verwendet werden, den Anforderungen der Zulassung entsprechen.
  • Alle Protokolle müssen vollständig und von hierfür qualifizierten Mitarbeitern genehmigt werden.
  • Alle erforderlichen Inprozesskontrollen und Überprüfungen müssen durchgeführt werden.
  • Der Validierungsstatus ist für alle Herstellungs- und Prüfverfahren zu erhalten.
  • Das Personal soll angemessen geschult und qualifiziert werden.
  • Die Ergebnisse der Qualitätskontrollen des Fertigprodukts sollen den in der Zulassung beschriebenen Fertigproduktspezifikationen oder einem zugelassenen Programm für die Echtzeit-Freigabeprüfung entsprechen.
  • Alle regulatorischen Verpflichtungen, die nach dem Inverkehrbringen im Hinblick auf die Herstellung oder das Prüfen des Produkts bestehen, sind zu beachteten. Fortlaufende Stabilitätsdaten sollen weiterhin die Zertifizierung bestätigen.
  • Die Auswirkung jeglicher Änderung in der Produktherstellung oder -prüfung sind zu beurteilen. Zusätzliche Kontrollen und Prüfungen sind abzuschließen.
  • Alle Untersuchungen, die die zu zertifizierende Charge betreffen, einschließlich OOS (Out of Specification)- und OOT (Out of Trend)- Untersuchungen, sind abgeschlossen und unterstützen die Zertifizierung.
  • Etwaige Beanstandungen, Untersuchungen oder Rückrufe dürfen nicht dazu führen, dass die Bedingungen für die Zertifizierung der betreffenden Charge ihre Gültigkeit verlieren.
  • Die erforderlichen technischen Vereinbarungen müssen vorhanden sein.
  • Das Selbstinspektionsprogramm muss durchgeführt und aktuell sein.
  • Für den Vertrieb und Versand müssen angemessene Vorkehrungen getroffen worden sein.
  • Auf der Verpackung von Humanarzneimitteln, die in der Europäischen Union auf den Markt gebracht werden sollen, müssen gegebenenfalls die Sicherheitsmerkmale angebracht werden (vgl. Artikel 54, Buchstabe o der Richtlinie 2001/83/EG)

Diese Aufgaben können an entsprechend geschulte Mitarbeiter oder Dritte delegiert werden. Dennoch muss sich die Sachkundige Person fortlaufend vergewissern, dass dieses Vertrauen gut begründet ist.


Parallelimport und Parallelvertrieb

Bei Parallelimport und Parallelvertrieb müssen alle Umverpackungstätigkeiten für eine bereits freigegebene Charge von der zuständigen Behörde des vorgesehen Marktes genehmigt werden. Vor der Zertifizierung einer umverpackten Charge soll die Sachkundige Person bestätigen, dass die nationalen Anforderungen für den Parallelimport und die in der EU geltenden Regeln für den Parallelvertrieb eingehalten werden. Die Sachkundige Person des Inhabers der Herstellungs-/Einfuhrerlaubnis, die in der Zulassung des umverpackten Fertigprodukts als die für die Zertifizierung verantwortliche Person angegeben ist, hat zu bestätigen, dass die Umverpackung gemäß der relevanten Zulassung für das umverpackte Produkt und gemäß der Guten Herstellungspraxis erfolgt ist.


Auditsysteme

Grundsätzlich hat die Sachkundige Person sicherzustellen, dass die Anforderungen der Guten Herstellungspraxis für alle relevanten Herstellungs- und Qualitätskontrollbereiche eingehalten werden. Bei der Bewertung der pharmazeutischen Qualitätssicherungssysteme externer Betriebsstätten (z. B. Lohnauftragnehmer) kann die Sachkundige Person auf Auditberichte von Dritten zurückgreifen, anstatt selbst Audits durchzuführen. Die Bewertung durch Dritte muss aber vertrauenswürdig sein. Wie bei allen ausgelagerten Tätigkeiten müssen auch externe Audits im Einklang mit vereinbarten und kontrollierten Vereinbarungen stehen.

Wenn die Sachkundige Person insoweit externe Auditberichte genehmigt, ist auf folgendes zu achten:

  • Im Auditbericht sollten die allgemeinen Anforderungen der Guten Herstellungspraxis angesprochen werden; dazu zählen unter anderem das Qualitätsmanagementsystem, alle relevanten Herstellungs- und Qualitätskontrollverfahren für das gelieferte Produkt, z. B. die Wirkstoffherstellung, die Qualitätskontrollprüfung, die Primärverpackung usw.
  • Alle auditierten Bereiche sollten genau beschrieben werden, sodass ein detaillierter Auditbericht zur Verfügung steht.
  • Es sollte festgestellt werden, ob die Herstellung und die Qualitätskontrolle des Wirkstoffs und des Arzneimittels der Guten Herstellungspraxis entsprechen oder, bei Herstellung in Drittstaaten, einer Guten Herstellungspraxis, die mindestens jener nach Artikel 46 der Richtlinie 2001/83/EG in der geänderten Fassung oder Artikel 50 der Richtlinie 2001/82/EG entspricht.
  • Bei ausgelagerten Tätigkeiten sollte die Einhaltung der Zulassungsanforderungen überprüft worden sein.
  • Die Sachkundige Person sollte sicherstellen, dass eine schriftliche Abschlussbewertung und die Genehmigung der von Dritten verfassten Auditberichte vorliegen.
  • Die Sachkundige Person sollte Zugang zu allen Dokumenten haben, die die Überprüfung des Auditergebnisses und das fortgesetzte Vertrauen in die ausgelagerten Tätigkeiten unterstützen.
  • Ausgelagerte Tätigkeiten, die eine kritische Auswirkung auf die Produktqualität haben, sollten gemäß den Grundsätzen des Qualitäts-Risikomanagements (vgl. ICH Q9) bewertet werden.
  • Wiederholungsaudits sollten gemäß den Grundsätzen des Qualitäts-Risikomanagements festgelegt und durchgeführt werden.

Abweichungsmanagement

Unverzichtbar für Zertifizierung und Freigabe ist, dass die zugelassenen Spezifikationen für Wirkstoffe, Hilfsstoffe, Verpackungsmaterialien und Arzneimittel eingehalten werden. Gleichwohl kann eine Sachkundige Person eine Charge freigeben oder zertifizieren, wenn eine unerwartete Abweichung bezüglich des Herstellungsverfahrens bzw. der analytischen Kontrollmethoden aufgetreten ist. Solche Abweichungen können sowohl die Zulassung wie GMP-Anforderungen betreffen. In diesen Fällen ist die Abweichung gründlich zu untersuchen und ihre Ursache zu beheben. Außerdem ist zu prüfen, ob eine Änderung der Zulassung erforderlich ist.

Die Auswirkung der Abweichung sollte auf der Basis des betriebsintern etablierten Qualitäts-Risikomanagement-Verfahrens überprüft werden. Dies beinhaltet insbesondere:

  • Die Bewertung der möglichen Auswirkung der Abweichung auf die Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit der betroffene(n) Charge(n) mit der Schlussfolgerung, dass die Auswirkung vernachlässigbar ist.
  • Die Abwägung der Notwendigkeit, die betroffene(n) Charge(n) in das laufende Stabilitätsprogramm aufzunehmen.
  • Im Fall von biologischen Arzneimitteln die Berücksichtigung der Tatsache, dass jegliche Abweichungen vom genehmigten Verfahren eine unerwartete Auswirkung auf die Sicherheit und Wirksamkeit haben können.

Die Sachkundige Person ist daher nach EU-Recht für Qualitätsabweichungen zuständig. Abweichungen von dem in der Zulassung beschriebenen Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil (Pharmakovigilanzprobleme) liegen in der Zuständigkeit der für die Pharmakovigilanz verantwortlichen, entsprechend qualifizierten Person nach Artikel 104 Abs. 3a der Richtlinie 2001/83.

Nicht selten sind mehrere Sachkundige Personen an der Herstellung und Kontrolle einer Charge beteiligt und teilen sich die Verantwortung für die Zertifizierung einer Arzneimittelcharge. In solchen Fällen muss sichergestellt sein, dass die zuständige Sachkundige Person über alle Abweichungen informiert ist, welche die GMP-Konformität bzw. die Zulassung beeinflussen könnten. Sie muss diese Abweichungen bei ihrer Entscheidung berücksichtigen.


Deutsche Sondervorschriften

In Deutschland muss eine Sachkundige Person vom Hersteller immer dann beschäftigt werden, wenn erlaubnispflichtige Tätigkeiten nach §13 AMG ausgeübt werden (siehe Abbildung 2).

Tätigkeitsbereiche, für die die Sachkundige Person verantwortlich ist

Herstellungstätigkeiten

Bereiche

  • Gewinnen
  • Anfertigen
  • Zubereiten
  • Be- oder Verarbeiten
  • Umfüllen/Abfüllen
  • Abpacken/Kennzeichnen
  • Freigabe
  • Human- und Veterinärarzneimittel als Fertigprodukte, Bulkware oder Zwischenprodukte
  • Kombinationsprodukte mit Arzneimittelzusatz (z. B. beschichtete Pflaster)
  • Testsera, Testantigene
  • Wirkstoffe, die menschlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft sind oder auf gentechnischem Wege hergestellt werden

Abbildung 2 Tätigkeitsbereiche der Sachkundigen Person

Die Tätigkeit einer Sachkundigen Person erfolgt damit regelmäßig in einem Betrieb mit Herstellungserlaubnis nach §13 AMG. Auch Firmen, die ausschließlich die Freigabe zum Inverkehrbringen durchführen, benötigen eine Herstellungserlaubnis nach §13 AMG und müssen eine Sachkundige Person beschäftigen. Sie müssen zudem die Anforderungen des §14 AMG (Entscheidung über die Herstellungserlaubnis) erfüllen. Dies gilt ebenfalls für Firmen, die im Rahmen ihrer Einfuhrerlaubnis nach §72 AMG Freigaben zum Inverkehrbringen erteilen.

Die Sachkundige Person ist dafür verantwortlich, dass „jede Charge eines Arzneimittels entsprechend den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln hergestellt und geprüft wurde“ (§19 AMG).

Zu diesen Vorschriften zählen

  • die arzneimittelrechtlichen Vorschriften zur Herstellung, Prüfung und Dokumentation nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) und der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV),
  • die in den einschlägigen Arzneibüchern festgelegten pharmazeutischen Regeln und
  • die Regeln der Guten Herstellungspraxis, wie sie im EU-GMP-Leitfaden festgelegt sind.

Die Sachkundige Person hat die Einhaltung dieser Vorschriften für jede Arzneimittelcharge in einem fortlaufenden Register oder einem vergleichbaren Dokument vor deren Inverkehrbringen zu bescheinigen.

Im Zusammenhang mit der Chargenfreigabe sind außerdem folgende Besonderheiten zu beachten:

Im Zusammenhang mit der Chargenfreigabe sind außerdem folgende Besonderheiten zu beachten:

Blutprodukte und Blutbestandteile: Soweit Blutprodukte oder andere Blutbestandteile aus Blutspendeeinrichtungen aus Ländern bezogen werden, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder andere Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes sind, muss sich die Sachkundige Person rückversichern, dass diese Blutspendeeinrichtungen über ein QM-System verfügen, das nach Standards eingerichtet ist, die den von der Europäischen Gemeinschaft festgelegten Standards zumindest gleichwertig sind (§31 Abs. 1 AMWHV).

Freigaberegister: Die Sachkundige Person hat gemäß §19 Satz 2 AMG in einem fortlaufenden Register oder einem hierfür vorgesehenen vergleichbaren Dokument für jede Arzneimittelcharge die Einhaltung der Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der vorliegenden Verordnung zu bescheinigen, bevor die Charge in den Verkehr gebracht wird. Sofern anschließend Chargen zurückgerufen werden, ist dies in dem Register oder einem vergleichbaren Dokument zu vermerken.

Rückstellmuster: Die für die Freigabe nach §16 AMWHV verantwortliche Sachkundige Person hat sicherzustellen, dass Rückstellmuster von jeder Charge eines Fertigarzneimittels in ausreichender Menge zum Zwecke einer gegebenenfalls erforderlichen analytischen Nachtestung und zum Nachweis der Kennzeichnung einschließlich der Packungsbeilage mindestens ein Jahr über den Ablauf des Verfalldatums hinaus aufbewahrt werden (§18 AMWHV). Die Sachkundige Person soll darüber hinaus sicherstellen, dass Rückstellmuster von jeder Charge der für die Arzneimittelherstellung verwendeten Ausgangsstoffe mindestens zwei Jahre nach Freigabe der unter Verwendung dieser Ausgangsstoffe hergestellten Arzneimittel aufbewahrt werden, es sei denn, in den Zulassungsunterlagen ist eine kürzere Haltbarkeit angegeben. Hinsichtlich der Prüfpräparate sowie deren Kennzeichnungs- und bedruckten Verpackungsmaterialien soll die Sachkundige Person sicherstellen, dass ausreichende Muster jeder Herstellungscharge mindestens zwei Jahre nach Abschluss oder Abbruch der letzten klinischen Prüfung, bei der die betreffende Charge zur Anwendung kam, aufbewahrt werden.

Die o. g. Rückstellmusterregelung nach §18 AMWHV findet auf Zubereitungen aus Blutzellen oder Frischplasma keine Anwendung. Die Sachkundige Person hat in diesen Fällen als Rückstellmuster Nachuntersuchungsproben der Spender in ausreichender Menge zum Zwecke einer gegebenenfalls erforderlichen analytischen Nachtestung aufzubewahren. Die Aufbewahrung von Nachuntersuchungsproben ist im Falle der Partnerspende von Keimzellen und von autologen Spenden nicht erforderlich.

Zulassungsunterlagen: Bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, muss der Arzneimittelhersteller im Rahmen der Zulassungsunterlagen bei Neuzulassungen, bei erneuerten Zulassungen und bei bestimmten Änderungen eine Bestätigung vorlegen, dass er oder eine von ihm vertraglich beauftragte Person sich von der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis bei der Wirkstoffherstellung durch eine Überprüfung vor Ort überzeugt hat. Die Bestätigung muss auch das Datum des Audits beinhalten. Diese auf Artikel 46f der Richtlinie 2001/83/EG basierende Regelung wurde in Deutschland durch §22 Abs. 2 Nr. 8 AMG umgesetzt. Für die Bestätigung hat die europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) ein Formblatt (QP Declaration Template/QP-Erklärung) herausgegeben, das von der Sachkundigen Person zu unterzeichnen ist.


 
Michael Hiob

Autor

Dr. Michael Hiob
Regierungspharmaziedirektor des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein
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