29.09.2020 | LOGFILE Leitartikel 37/2020

Ein Bericht über den Vortrag von Roger Nosal, Pfizer, 2020 PDA/FDA Joint Regulatory Conference

ICH-Update Qualitätsleitlinien

7 Min. Lesezeit | von Dr. Sabine Paris

 

Bereits seit fast 30 Jahren findet einmal im Jahr die stets wegweisende PDA/FDA Joint Regulatory Conference statt. Vom 14. bis zum 16. September 2020 war sie erstmalig ausschließlich virtuell. Der Titel der Tagung lautete „The Future Is Now: Effective Quality Management and Robust Manufacturing“.

Roger Nosal von Pfizer ist Rapporteur der ICH Internal Quality Discussion Group (IQDG) und stellte Ziele, Erreichtes sowie Leitlinien, die derzeit aktualisiert werden, vor. Die IQDG fokussiert in ihrer Arbeit auf technische und wissenschaftliche Aspekte. Sie soll sicherstellen, dass die ICH Guidelines aktuell sind und dem Stand der Wissenschaft entsprechen.

ICH (International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use) hat weltweit 17 Mitglieder und 32 Observer und feiert in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag. Experten aus Industrie und Behörden arbeiten hier zusammen, um die Unterschiede in den technischen Anforderungen an die Arzneimittelentwicklung in den drei großen pharmazeutischen Märkten EU, Japan und USA zu beseitigen. Eine Vielzahl von einheitlichen, empfehlenden Richtlinien (ICH-Guidelines) rund um die Themen Qualität und Sicherheit von Arzneimitteln, präklinische und klinische Anforderungen wurden erarbeitet und in den beteiligten Staaten umgesetzt.


Ziele von ICH

  • Wildwuchs der vielen unterschiedlichen regulatorischen Standards reduzieren
  • Harmonisierte, eindeutige Regularien basierend auf wissenschaftlichen, robusten Prinzipien und zeitgemäßen Standards
  • ICH Leitlinien sollen
    • die Annäherung an behördliche Erwartungen beschreiben – das „Was“ und nicht das „Wie“,
    • ganzheitlich implementiert werden,
    • von den Behörden als maßgeblich und vollständig akzeptiert werden.

Errungenschaften des ICH

ICH hat die weltweite Harmonisierung von behördlichen Anforderungen stark verbessert. ICH hat

  • einheitliche Begrifflichkeiten erstellt,
  • zeitgemäße wissenschaftliche Begründungen und risikobasierte Kriterien eingeführt und wirksam eingesetzt,
  • Transparenz und Kommunikation zwischen den Behörden und der Pharmaindustrie verbessert,
  • zu starre Vorgaben vermieden, um alternative Herangehensweisen zu ermöglichen,
  • aussagekräftige Beispiele bereitgestellt.

Zukünftige Vision für weitere Harmonisierung

  • Gleichzeitige weltweite Entwicklung und Zulassungseinreichung
  • Gegenseitige Anerkennung oder gemeinsame Bearbeitung von Zulassungsanträgen
  • Pre-Approval Inspektionen folgen weltweiten Standards (z. B. PIC/S)
  • Verbesserte Implementierung von Post-Approval Changes
  • Reduzierte Komplexität der Supply Chain
  • Reduzierte Lieferengpässe von Arzneimitteln
  • Reduzierte Gebühren für die Pharmaindustrie
  • Verbesserter Zugang der Patienten zu Arzneimitteln

Neue / zu überarbeitende Guidelines

Die ICH Internal Quality Discussion Group (IQDG) hat folgende Quality Guidelines identifiziert, die entweder neu zu schreiben sind oder die überarbeitet werden sollten:


Update zu ICH Q13 Continuous Manufacturing of Drug Substances and Drug Products

Ziele der neuen ICH Q13 Leitlinie sind:

  • Zusammenstellung der wichtigsten technischen und regulatorischen Aspekte, die die Harmonisierung fördern, einschließlich GMP-Aspekte spezifisch für die kontinuierliche Produktion (continuous manufacturing, CM)
  • Herstellern Flexibilität in der Herangehensweise zu lassen, z. B. durch Fokussierung auf das „Was“ und nicht auf das „Wie“ bei der Entwicklung, Implementierung und Integration von CM von kleinen Molekülen und therapeutischen Proteinen
  • Sinnvolle Empfehlungen erstellen bezüglich der behördlichen Erwartungen an die Entwicklung, Implementierung und Bewertung von CM-Technologien

Geplant ist, dass das Dokument im November 2020 den Step 1 (Konsens in der erstellenden ICH Working Group) sowie Step 2 a/b (Konsens in der ICH Vollversammlung) hinter sich lässt, so dass sich eine öffentliche Konsultation anschließt. Die finale Leitlinie könnte dann im Mai 2022 veröffentlicht werden.


Update zu ICH Q14 Analytical Procedure Development und Q2 (R1) Analytical Validation

Ein Thema, das ICH bislang nicht behandelt hat, ist die Entwicklung analytischer Methoden. Die neue ICH Q14 Leitlinie soll diese Lücke schließen. Gleichzeitig wird ICH Q2(R1) zur Validierung analytischer Methoden revidiert, um moderne analytische Methoden (z. B. NIR), analytische Leistungskriterien, multivariate Modelle und Real Time Release Testing (RTRT) zu ergänzen.

Die Zeitschiene ist ambitioniert und sieht finale Versionen bereits für November 2021 vor.


Das wichtigste Update: ICH Q9 Quality Risk Management (QRM)

Besondere Bedeutung maß Roger Nosal der Revision von ICH Q9 zu. Risikomanagement wird inzwischen in allen Bereichen der pharmazeutischen Produktion routinemäßig angewendet. Änderungen an der Leitlinie sind notwendig geworden, da Diskrepanzen deutlich wurden zwischen, wie das Risikomanagement in der Industrie eingesetzt wird und wie es von den Behörden interpretiert wird.


Was sollte ICH Q9 stärker berücksichtigen?

  • Den hohen Grad an Subjektivität bei Risikobewertungen und QRM-Ergebnissen
  • Risiken für die Produktverfügbarkeit
  • Verständnis darüber, was Formalität in der QM-Arbeit ausmacht
  • Verfügbare Tools zur Risikoanalyse und die Verbindung zur darauf basierenden Entscheidung

Trainingsmaterialien werden zusätzlich entwickelt, die die Änderungen vorstellen und ihre Implementierung erleichtern sollen.

Das finale Concept Paper, das, so Roger Nosal, sehr vernünftig aussieht, soll im November 2020 veröffentlicht werden. Die finale Version der Leitlinie ist für 2022 geplant.

 
Sabine Paris

Autorin

Dr. Sabine Paris
Senior-GMP-Expertin, Apothekerin
E-Mail: sabine.paris@gmp-verlag.de

 
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