04.10.2022 | LOGFILE Leitartikel 37/2022

5 Fragen zum Import von Arzneimitteln und Wirkstoffen

5 Fragen zum Import von Arzneimitteln und Wirkstoffen

7 Min. Lesezeit | von Simone Ferrante

 

GMP oder GDP – Was gilt für die Einfuhr?

Die Einfuhr von pharmazeutischen Produkten unterliegt GxP. Kann das „x“ hier für „Einfuhr“ stehen? Gibt es also eine „Gute Einfuhr-Praxis (Good Import Practice; GIP)“? Die Antwort heißt leider „Nein“. Man muss sich also zwischen GMP und GDP entscheiden. Obwohl die Einfuhr von Arzneimitteln eine vertriebliche und logistische Tätigkeit darstellt, wird dieser Prozess in der EU als GMP-relevant verstanden und unterliegt somit den GMP-Vorgaben.

Die Veröffentlichung des Anhangs 21 zum EU-GMP-Leitfaden stellt dies unmissverständlich klar. Dies hat zur Folge, dass für den Import die gleichen Vorgaben hinsichtlich des pharmazeutischen Qualitätssystems einzuhalten sind wie für die pharmazeutische Herstellung. Eine Differenzierung zwischen Herstellung und Einfuhr fehlt in diesem Zusammenhang. Somit wird auch für den Import die Verfügbarkeit des GMP-Schlüsselpersonals gefordert.

Grundsätzlich gilt: der Importeur benötigt eine Herstellungs- und Einfuhrerlaubnis

Für den Import von Arzneimitteln sowie erlaubnispflichtigen Wirkstoffen aus einem Drittland in den EWR muss die Betriebsstätte der physischen Einfuhr eine Herstellungs- und Einfuhrerlaubnis haben. Die Zusammengehörigkeit von Herstellung und Einfuhr wird auch durch die Abkürzung „MIA“ (Manufacturing and Importation Authorisation) deutlich.

Als Import (Einfuhr) gilt die Verbringung von Produkten aus Drittländern in den europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

Der EWR umfasst derzeit die 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen (Stand: 14.06.2022).

Drittländer sind diesbezüglich alle Länder, die nicht dem EWR angehören.

 

Abbildung 1        EWR-Mitglieder (Quelle: https://crp-infotec.de/organisationen-ewr/)


Gilt diese Anforderung auch für Großhändler?

Die Antwort lautet „Ja“: Möchte ein Großhändler Fertigarzneimittel aus dem Drittland zum Inverkehrbringen auf dem EU-Markt importieren, so muss er über eine Herstellungserlaubnis nach §13 AMG verfügen. Die alleinige Großhandels- oder nur eine Einfuhrerlaubnis sind nicht ausreichend. Dies wird damit begründet, dass zum Inverkehrbringen in der EU immer auch eine EU-Chargenfreigabe durch eine Sachkundige Person gem. §15 AMG (Qualified Person, QP) in der EU gemacht werden muss. Diese Tätigkeit wird als letzter Schritt der pharmazeutischen Herstellung verstanden.


Welche Schwierigkeiten ergeben sich daraus?

Innerhalb der deutschen Regierungspräsidien für die Arzneimittelüberwachung sind meistens unterschiedliche Abteilungen für die GMP- und GDP-Überwachung zuständig. Somit wird ein Großhändler üblicherweise von einer anderen Abteilung des Regierungspräsidiums überwacht als ein Hersteller. Er wird sich daher im Hinblick auf den Import und die Beantragung der Herstellungs- und Einfuhrerlaubnis mit beiden Abteilungen des Regierungspräsidiums abstimmen müssen.


Welche Regelungen gelten für den Import von Wirkstoffen?

Bei Wirkstoffen werden folgende Kategorien unterschieden:

  • erlaubnispflichtige Wirkstoffe (menschlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft oder auf gentechnischem Wege hergestellt)
  • nicht erlaubnispflichtige Wirkstoffe (chemisch-synthetische, pflanzliche)

Für die Einfuhr von erlaubnispflichtigen Wirkstoffen aus einem Drittland in den EWR gelten die gleichen Anforderungen wie für Arzneimittel (s.o.). Es ist also eine Herstellungs- und Einfuhrerlaubnis erforderlich. Voraussetzung für deren Ausstellung ist eine Inspektion des Wirkstoffherstellers im Drittland durch eine EU-Überwachungsbehörde. Bei erfolgreicher Inspektion wird dem Wirkstoffhersteller ein GMP-Zertifikat ausgestellt, das für den Import vorgelegt werden muss.

Für die Einfuhr von nicht erlaubnispflichtigen Wirkstoffen aus einem Drittland in den EWR wird keine Herstellungs- und Einfuhrerlaubnis benötigt. Da keine Inspektion erfolgt, wird auch kein GMP-Zertifikat ausgestellt. Die Einfuhr muss lediglich bei der zuständigen Überwachungsbehörde angezeigt werden. Häufig ist hier die Abteilung innerhalb der Überwachungsbehörde zuständig, die mit der GDP-Überwachung beauftragt ist.

Zusammenfassend lässt sich also sagen:

  • Die Einfuhr von erlaubnispflichtigen Wirkstoffen unterliegt GMP.
  • Die Einfuhr von nicht-erlaubnispflichtige Wirkstoffen unterliegt GDP.

Die Einfuhr von Wirkstoffen wird übrigens im neuen Annex 21 zu EU-GMP-Leitfaden nicht adressiert. Welche Regelungen hier im Einzelnen zu beachten sind, lesen Sie im Abschnitt „Import von Wirkstoffen aus einem Drittland nach Deutschland“.


Welche Regelungen gelten in der Schweiz?

In der Schweiz wird der Import von Arzneimitteln und Wirkstoffen in die Schweiz als GDP-Tätigkeit verstanden. Hier reichen somit eine Betriebsbewilligung (Großhandelsgenehmigung) und ein gültiges GDP-Zertifikat für die Betriebsstätte der physischen Einfuhr aus.

 
Simone Ferrante

Autorin

Simone Ferrante
Leiterin Quality & Regulatory Affairs bei Grieshaber Logistics Group AG
E-Mail: sferrante@grieshaber-group.com

 
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