GMP oder GDP – hätten Sie’s gewusst?
Auszug aus dem GMP:KnowHow Pharmalogistik (GDP)
7 Min. Lesezeit | von Simone Ferrante
Erschienen im LOGFILE 14/2025
Vielleicht denken Sie jetzt: „Ist doch klar – GMP betrifft die Herstellung und GDP den Vertrieb!“ Aber ist diese Abgrenzung immer so eindeutig?
Leider nicht, sagt Simone Ferrante, Autorin des Wissensportals GMP:KnowHow Pharmalogistik (GDP). Aus ihrer langjährigen Berufspraxis kennt sie viele Situationen, in denen die Gesetzeslage unzureichend harmonisiert und daher nicht eindeutig ist.
Erfahren Sie mehr über die Schnittstellen zwischen GMP und GDP und testen Sie Ihr Wissen in unserem heutigen Leitartikel.
Alle wichtigen Themen rund um GDP und viele nützliche Arbeitshilfen wie SOPs , Stellenbeschreibungen oder Musterdokumente finden Sie im GMP:KnowHow Pharmalogistik (GDP). Das gibt es jetzt übrigens auch auf Englisch.
GMP oder GDP?
Diese Frage wird in der Praxis häufig gestellt.
Zum besseren Verständnis ein kurzer Blick auf die beiden Begrifflichkeiten:
GMP steht für "Good Manufacturing Practice" und beschreibt die Gute Herstellungspraxis.
Die Herstellung von Arzneimitteln wird im Arzneimittelgesetz (AMG) §4 Abs. 14 wie folgt definiert:
"Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten,
das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe."
Somit ist die Chargenfreigabe der letzte Schritt der Herstellung. Sämtliche Herstellungsschritte dürfen nur mit einer entsprechenden Herstellungserlaubnis gem. §13 AMG sowie einem gültigen GMP-Zertifikat durchgeführt werden. Darunter fallen auch logistische Tätigkeiten, denn erst nach der Chargenfreigabe durch eine Sachkundige Person (QP) dürfen Fertigprodukte als verfügbarer Bestand im Lagerverwaltungssystem geführt werden. Bis zu diesem Schritt sind die Produkte in Quarantäne zu halten und die GMP-Anforderungen sind zu erfüllen.
Auch nach einem Import von Arzneimitteln aus einem Drittland in den EWR muss eine Chargenfreigabe im EWR erfolgen. Folglich stellt eine solche Einfuhr ebenfalls eine GMP-Tätigkeit dar.
GDP steht für "Good Distribution Practice" und beschreibt die Gute Vertriebspraxis.
Dazu findet man im Glossar der EU-GDP-Leitlinie folgende Definition:
"Die gute Vertriebspraxis ist der Teil der Qualitätssicherung, mit dessen Hilfe gewährleistet wird, dass die Qualität von Arzneimitteln während sämtlicher Etappen der Lieferkette –vom Herstellungsort bis zur Apotheke oder zu der zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigten oder befugten Person – erhalten bleibt."
GMP umfasst GDP
Gemäß Kapitel 1 des EU-GMP-Leitfadens bildet die Verpflichtung zur Einhaltung von GDP einen integralen Bestandteil von GMP.
EU-GMP-Leitfaden Kapitel 1 Pharmazeutisches Qualitätssystem
1.8 Gute Herstellungspraxis ist der Teil des Qualitätsmanagements, der gewährleistet, dass die Produkte gleichbleibend nach den Qualitätsstandards hergestellt und geprüft werden, die der vorgesehenen Verwendung und der Arzneimittelzulassung oder der Genehmigung der klinischen Prüfung oder der Produktspezifikation entsprechen. Gute Herstellungspraxis betrifft sowohl die Produktion als auch die Qualitätskontrolle.Die grundlegenden Anforderungen der Guten Herstellungspraxis sind folgende: (ix) der Vertrieb der Produkte erfolgt so, dass jedes Qualitätsrisiko minimiert wird und die Gute Vertriebspraxis beachtet wird;
Die grundlegenden Anforderungen der Guten Herstellungspraxis sind folgende:
(ix) der Vertrieb der Produkte erfolgt so, dass jedes Qualitätsrisiko minimiert wird und die Gute Vertriebspraxis beachtet wird;
Man kann es auch so formulieren:
- Jeder, der GMP einhalten muss, muss auch GDP einhalten, da GDP ein Teil von GMP ist.
- Aber: nicht jeder, der GDP einhalten muss, muss auch GMP einhalten, da GMP über GDP hinausgeht.
Abgrenzung GMP und GDP
Obwohl GMP auch GDP umfasst, sind die Qualitätsanforderungen auf GMP oder auf GDP anzupassen. Denn ein grundlegendes Ziel ist es, Anforderungen risikobasiert zu adaptieren. Bei der Herstellung von Arzneimitteln sind schwerwiegendere Qualitätsrisiken präsent als bei der klassischen Distribution. Somit sind die GMP-Anforderungen immer höher als die reinen GDP-Anforderungen und besonders strikt einzuhalten.
GDP kann nicht vollkommen losgelöst von GMP erfüllt werden. Manchmal ist eine eindeutige Abgrenzung zwischen GMP und GDP nicht möglich. Dann liegt die Entscheidung im Ermessen der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Schwierigkeiten können auftreten, wenn man in der Praxis mit einem Thema konfrontiert wird, das auf den ersten Blick inhaltlich zu GDP zu gehören scheint, dazu jedoch nichts in den EU-GDP-Leitlinien (2013/C 343/01 und 2015/C 95/01) zu finden ist.
Es gibt leider eine ganze Reihe von Themen, die unzureichend harmonisiert sind. Als Folge hat die ausführende Ebene (beispielsweise der Logistikdienstleister) keine konkreten und standardisierten Handlungsvorgaben seitens der Gesetzgebung.
Im GMP:KnowHow Pharmalogistik (GDP) werden diese Themen genauer beleuchtet. Nachstehend finden Sie auszugsweise einige Beispiele.
Handhabung von Ware unter Quarantäne
GMP oder GDP?
- GMP
Wo liegt das Problem?
- Arzneimittel dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn diese durch eine Sachkundige Person freigegeben wurden (§17 AMWHV).
Solange die Freigabe zum Inverkehrbringen noch aussteht, muss die Ware unter Quarantäne gehandhabt werden. Die Ware kann zu dem Zeitpunkt bereits in den Händen des Logistikdienstleisters sein. Die spezifischen Anforderungen diesbezüglich sind nicht harmonisiert und liegen im Ermessen der zuständigen Behörde.
Das Grundproblem ist hier die Definition des Inverkehrbringens nach §4 AMG. Bereits das Vorrätighalten und das Feilhalten (Bereithalten) fallen unter diese Begriffsbestimmung. Das Lagern im freien Bestand dieser Produkte ohne eine Sicherheitsmaßnahme ist somit eine Straftat.
Empfehlung:
- Höchst kritischer Prozess aus Behördensicht, daher ist hier absolute Sorgfalt zu tragen. Das jeweilige Vorgehen sollte mit der zuständigen Behörde abgestimmt sein.
Mehr dazu im GMP:Knowhow Pharmalogistik (GDP):
- Kapitel 3.2 „Betriebsräume“
- Kapitel 5.4 „Entgegennahme von Arzneimitteln“
- Kapitel 5.5 „Lagerung“
Import von Fertigarzneimitteln
GMP oder GDP?
- GMP in der EU
- GDP in der Schweiz
Wo liegt das Problem?
- In der GDP-Leitlinie (2013/C 343/01) wird im Kapitel 5.9 die Ausfuhr in Drittländer beschrieben. Es gibt allerdings in der GDP-Leitlinie kein Kapitel zur Einfuhr.
Im EU-GMP-Leitfaden wurde der Anhang 21 "Einfuhr von Arzneimitteln" am 16.02.2022 veröffentlicht. - Der Logistikdienstleister kann die Betriebsstätte der physischen Einfuhr sein, ohne die EU-Freigabe zum Inverkehrbringen zu erteilen. Spezifische Anforderungen sind jedoch immer noch nicht harmonisiert und liegen im Ermessen der zuständigen Behörde.
Mehr dazu im GMP:Knowhow Pharmalogistik (GDP):
- Kapitel „Allgemeines zur Pharmalogistik“
- Kapitel „Import“
Einlagerung von Produkten aus dem Drittland in ein Zollager oder Zollfreilager
GMP oder GDP?
- GDP
Wo liegt das Problem?
- Das Zollrecht und das Arzneimittelrecht sind nicht harmonisiert. Beide nationale Gesetzgebungen müssen erfüllt werden.
Dieser Prozess wird in Deutschland und von der WHO GSDP (Good Storage and Distribution Practice) nicht als Import gesehen.
In der Schweiz gilt dies allerdings als Einfuhr (HMG, 3. Abschnitt).
Mehr dazu im GMP:Knowhow Pharmalogistik (GDP):
- Kapitel „Import“
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