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Pharmazeutische Gase – Betrieb, Wartung und Monitoring von Gasverteilungssystemen

Pharmazeutische Gase – Betrieb, Wartung und Monitoring von Gasverteilungssystemen

Auszug aus dem GMP-BERATER, Kapitel 3.H.6 Betrieb, Wartung und Monitoring von Gasverteilungssystemen

7 Min. Lesezeit | von Fritz Röder
Erschienen im LOGFILE 10/2025

Pharmazeutische Gase sind Gase, die bei der Arzneimittelherstellung zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zu Medizinischen Gasen handelt es sich dabei nicht um Arzneimittel. Während die Anforderungen an die Herstellung von Medizinischen Gasen im Anhang 6 zum EU-GMP-Leitfaden klar geregelt sind, sieht sich der Pharmazeutische Hersteller beim Einsatz pharmazeutischer Gase mit der Situation konfrontiert, dass er die Anforderungen in Abhängigkeit vom Einsatzzweck des Gases selbst definieren muss. Das ist mitunter nicht ganz einfach und gänzlich anders als bei den anderen Reinstmedien. Bei Wasserqualitäten hält man sich typischerweise an die gängigen Monographien der jeweiligen Länder und hat so relativ einfach die richtige Spezifikation. Bei den Gasen, speziell bei Druckluftsystemen, wird dieser Weg jedoch nicht empfohlen, um nicht unnötig hohe Spezifikationen festzulegen. Stattdessen werden die Qualitätsparameter risikobasiert zusammengesetzt.

Mehr zu diesem wichtigen Thema erfahren Sie im Kapitel Pharmazeutische Gase im GMP-BERATER, der weltweit größten Wissenssammlung im Bereich der Good Manufacturing Practice.


Durch eine Vielzahl verschiedener Einsatzmöglichkeiten von pharmazeutischen Gasen existiert auch eine Vielzahl von Gas-Qualitäten auf dem Markt. Da Richtlinien und Verordnungen nur wenig Hilfestellung bieten, stellt die Auswahl der geeigneten Gasqualität für den Arzneimittelhersteller eine große Herausforderung dar.

Sofern ein Gas im Herstellungsprozess eingesetzt wird und direkten Produktkontakt hat, sind die hohen Anforderungen der GMP einzuhalten. Diese Gase werden in die Kategorie „Gase mit Produktkontakt“ eingestuft. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz von Stickstoff zur Inertisierung am fertigen. Die Einstufung als „Gas mit Produktkontakt“ erleichtert später die Festlegung von Spezifikationen erheblich.

Die Einteilung der pharmazeutischen Gase in unterschiedliche Gaskategorien bedeutet gleichzeitig, dass es auch sehr unterschiedliche Installationsmöglichkeiten der Gasverteilungssysteme gibt. Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale dieser Gasverteilungssysteme sind die Qualität des Gases, die Dichtigkeit des Systems und der Umfang der Dokumentation.


Betrieb eines Gasverteilungssystems

Für den Betrieb eines Gasverteilungssystems gelten die gleichen Anforderungen wie für eine GMP-pflichtige Anlage (z. B. Lüftungsanlage). Demnach gilt es auch hier, die qualitätssichernden Maßnahmen inkl. der entsprechenden Dokumentation umzusetzen.

Die qualitätssichernden Maßnahmen beinhalten folgende Punkte:

  • ausführliche Schulung und Einweisung von Betriebspersonal,
  • vollständige Anlagendokumentation,
  • vollständige Überwachung der Anlage,
  • eindeutige Festlegung, welche Ereignisse wann, an wen und in welcher Form gemeldet werden müssen,
  • Protokollierung aller Ereignisse im Anlagenlogbuch.

Wartung eines Gasverteilungssystems

Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten sind regelmäßig durchzuführen, d. h. mindestens einmal im Jahr. Die Wartung darf keinen Einfluss auf die Qualität des Gases haben. Um dies zu gewährleisten, muss das Wartungspersonal geschult und eingewiesen sein. Die Schulung des Wartungspersonals sollte in einer SOP geregelt sein.

Die Wartung eines Gasverteilungssystems sollte folgende Punkte beinhalten:

  • Inspektion der Kompressorausrüstung bei Druckluftsystemen,
  • Inspektion der mechanischen Komponenten wie z. B. Trockner, Kondensatableiter etc.,
  • Filterwechsel,
  • Integritätstest für Sterilfilter,
  • Kalibrierung von Überwachungseinrichtungen,
  • Vollständige Gasanalyse vom „Point of Use“ und Versorgungseinheit entsprechend der Spezifikationen,
  • Dichtigkeitsprüfung.

Nach einer Wartung des Systems kann man davon ausgehen, dass das Leitungssystem offen gegenüber der Umgebungsluft war. Um die Gefahr einer Feuchtigkeitskontamination zu vermeiden, empfiehlt die ISPE (ISPE Good Practice Guide: Process Gases, 2011), dass bei Stahlleitungen 2 Stunden mit einem trockenen Gas (–70 °C) gespült werden sollte. Leitungen aus PTFE oder Kupfer sollte man 4 Stunden spülen, da diese beiden Komponenten viel hygroskopischer sind. Die Gasanalyse sollte nach dem Spülen an ausgewählten kritischen Punkten vorgenommen werden, um die Qualität des Gases weiterhin zu gewährleisten.


Monitoring eines Gasverteilungssystems

Um die Qualität des zu liefernden Gases nachweislich zu erhalten, ist es Stand der Technik, qualitätsrelevante Parameter kontinuierlich zu messen und zu überwachen.

Die folgenden Parameter sollten in einem Gasverteilungssystem kontinuierlich überwacht und aufgezeichnet werden:

  • Feuchte,
  • Druck,
  • Öl-Gehalt,
  • Durchflussgeschwindigkeit.

Folgende Punkte sollten in regelmäßigen Abstand untersucht werden (min. 1x Jahr)

  • Partikel,
  • Dichtigkeit,
  • Keime,
  • Restsauerstoff (bei Stickstoff als On-site-Anlagen),
  • Spezifische Anforderungen (je nach Gasart).

Für die Überwachung von Restfeuchte, Partikel und dem Ölgehalt ist online-Messtechnik erhältlich. Diese ermöglicht dem Betreiber eine signifikant bessere Prozesskontrolle über sein System. Ölmessung und Restfeuchtemessung sind zudem als Online-Geräte meist nicht übermäßig teuer. Daher lohnt sich allein aus „Business“-Gründen der Einbau solcher Systeme, erst recht dann, wenn teure Arzneimittel im Betrieb hergestellt werden.

Die Parameter Keime, Partikel und Öl-Gehalt sind aus pharmazeutischer Sicht die wichtigsten. Nachfolgend werden die Parametermessungen kurz erläutert.


Bestimmung mikrobiologischer Verunreinigung in Gasen (Keime)

Empfehlungen zur Bestimmung von Mikroorganismen in Druckgasen finden sich in der EN ISO 14698-1 sowie in ISO 8537-7. Das grundsätzliche Problem bei der Probenahme von Gasen ist, dass die Messung unter dem Systemdruck erfolgen muss, da sonst die Mikroorganismen zerstört werden. Im Prinzip „zerplatzen“ die Mikroorganismen, wenn bei der Probenahme ein zu schneller Druckabfall erfolgt (ähnlich, wie wenn ein Taucher zu schnell auftaucht, dieser zerplatzt allerdings nicht).

Wenn die Mikroorganismen also unerwartet absterben, erhält man ein „false negative“ Resultat bei der Analyse, sprich, das Resultat ist geringer als tatsächlich im Gassystem vorhanden. Um dies zu verhindern, erfolgt die Probenahme mittels eines Probenahmesystems.

Bei diesem Probenahmesystem wird das Gas bei dem Systemdruck, bei dem es in der Produktion verwendet wird, aus der Leitung entnommen und über einen Membranfilter geführt. Dieser Membranfilter ist speziell für die mikrobiologische Untersuchung von Druckgasen geeignet. Die Messsysteme arbeiten automatisch, damit die entsprechenden Probenahmevolumina auch tatsächlich entnommen werden. Der Membranfilter wird nach der Probenahme im Labor bebrütet und ausgewertet.

Eine weitere Möglichkeit der mikrobiologischen Messung ist die Probenahme mittels eines aktiven Luftkeimsammlers und einem Diffusor. Der Diffusor dient dabei als Entspannungseinheit, das heißt, das Gas wird auf einen bestimmten Druck im Diffusor entspannt und strömt über die Einsaugöffnung des aktiven Luftkeimsammlers. Der Agarstreifen aus dem Luftkeimsammler wird anschließend im Labor ausgewertet.

Obwohl die Messung mit einem aktiven Luftkeimsammler und einem Diffusor nicht zu empfehlen ist, werden diese Systeme in der Industrie ebenfalls eingesetzt. Der Nachteil bei diesem System besteht darin, dass das Gas über den Diffusor entspannt wird und die Messung durch die damit verbundene Zerstörung von Mikroorganismen verfälscht werden könnte. Zu beachten ist außerdem, dass der zu testende Volumenstrom tatsächlich aus der Entnahmestelle kommt und nicht durch Falschluft kontaminiert wird. Wenn ein endständiger Sterilfilter verbaut ist, muss vorab festgelegt werden, ob die Probenahme vor oder nach dem Filter erfolgen soll. Beide Analysen haben einen gewissen Informationswert. Je nachdem muss dann auch ein Probenahmeventil an der entsprechenden Stelle eingebaut werden.


Messung der Partikelkonzentration in Gasen

Die Messung wird über einen optischen Streulichtpartikelzähler durchgeführt. Bei der Auswahl der Partikelzähler ist darauf zu achten, dass der Partikelgrößenbereich des Partikelzählers die zu überwachenden Partikelgrößen abdeckt. Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen einer direkten Probenahme aus einer Rohrleitung und einer Probenahme an einer Verbraucherstelle. Der Unterschied liegt im Messanschluss und in der Verwendung des sog. Diffusors (Entspanner).

Auf dem Markt existieren mittlerweile sehr gute kompakte Probenahmesysteme, die nur noch an den Partikelzähler angeschlossen werden müssen. Wie bereits erwähnt sind zudem Online-Geräte erhältlich und sinnvoll. Dadurch erhält man eine dauerhafte Datenquelle und eine kontinuierliche Überwachung der Qualität.


Messung von Kohlenwasserstoff-Dämpfen (Öldämpfe) in Gasen

Die Erfassung von Kohlenwasserstoff-Dämpfen erfolgt durch eine permanente Probenahme aus dem strömenden Gas in der Leitung. Die Probe wird über eine Steigleitung der Sensor-Einheit zugeführt. In dieser Sensoreinheit wird der Kohlenwasserstoffdampf-Anteil über einen PID (Photo Ionization Detector) gemessen. Das daraus resultierende elektrische Signal wird verstärkt und ausgewertet. Die Dimensionierung der Probenahme und der Messstrecke entsprechen den Vorgaben der ISO 8573. Der Messbereich geht bis zur Druckluftklasse 1 gemäß der ISO 8573-1:2010. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass Klasse 1 beim Ölgehalt nahe der Bestimmungsgrenze (LOQ) liegt. Zudem werden mit dieser Messtechnik lediglich die Öldämpfe erfasst. Die flüssigen Ölbestandteile sollten aber vollständig über die Aufbereitungstechnik abgeschieden werden.

Insgesamt zeigt sich in der Praxis, dass es nur selten notwendig ist, Klasse 1 als Spezifikation für die Druckluftqualität anzulegen. Die meisten Anforderungen kommen mit Klasse 2 aus. Auch die Monographie in der Ph. Eur. spezifiziert nur Klasse 1. Ein Spezialfall könnte beispielsweise die Fermentation biologischer Wirkstoffe darstellen. Die hier aktiven Bakterien (spezies- und prozessabhängig) könnten möglicherweise sensibel auf Restölgehalte reagieren. In den meisten anderen Fällen dürfte Klasse 2 für den Ölgehalt genügen, was es in der Praxis auch deutlich einfacher bei der Messtechnik macht.

Neben dem PID-Gerät ist auch die offline-Analyse des Ölgehalts über Dräger-Röhrchen möglich, diese werden dann weggeschickt und über Gaschromatografie extern ausgewertet.

Ein online-Messgerät, welches den Ölgehalt kontinuierlich misst und aufzeichnet, trägt wesentlich zur Qualitätssicherung des Gasverteilungssystems bei. Dies gilt vor allem bei der Verwendung von ölgeschmierten Kompressoren.


Haben Sie Fragen oder Anregungen? Bitte schreiben Sie uns: redaktion@gmp-verlag.de

Fritz Röder
Fritz Röder

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