Shortened excerpt form the GMP Compliance Adviser, Chapter 4.I Containment (personnel protection) for APIs, solid oral dosage forms and bio‑pharmaceutical products
Die Konferenz fand live statt – und genau das machte sie sehr lebendig und authentisch. Fünf Vorträge und ein Interview standen auf dem Programm, das von Reinhard Schnettler und seinem Team in gewohnt charmanter Weise moderiert wurde. Alle Referent:innen wurden zugeschaltet, im Chat wurde lebhaft diskutiert, und die Fragen der Teilnehmenden wurden von den Moderatoren direkt an die Referenten weiter gegeben.
Die gegenwärtige Corona-Pandemie sorgte nicht nur dafür, dass die Konferenz in einem neuen Format stattfand, sondern auch dass viele Referent:innen im Rahmen ihrer Vorträge darauf Bezug nahmen – auch wenn es sich dabei nicht immer um GMP-Aspekte im engeren Sinne handelte.
„Corona“ blieb bei der diesjährigen GMP-Konferenz aber nicht das einzige aktuelle Thema, das über den GMP-Tellerrand hinausging – doch lesen Sie selbst, wie vielseitig die Themen waren. Wir haben die wichtigsten Inhalte für Sie zusammengefasst. Im heutigen ersten Teil erfahren Sie Neues aus Berlin und Brüssel, die aktuellen Entwicklungen beim EU-GMP-Leitfaden sowie Details zur vom Bund entwickelten nationalen Impfstrategie COVID-19.
Bitte beachten Sie, dass viele Informationen im Kontext der COVID-19-Pandemie sich nahezu täglich ändern – diesbezügliche Zahlen und Fakten in den nachfolgenden Zusammenfassungen geben den Stand der Information zum Zeitpunkt der Konferenz wieder.
Thomas Brückner, BPI Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.
Hätten Sie’s gewusst? Mitte November 2020 waren laut WHO über 200 mögliche SARS/COV2-Impfstoff-Kandidaten registriert. Davon befanden sich bereits 48 in verschiedenen Phasen der klinischen Prüfung, der Rest in der Präklinik. Während alle Welt derzeit auf die beiden Kandidaten schaut, die das Rennen um die erste Zulassung unter sich ausmachen, bereiten sich im Hintergrund weitere Hoffnungsträger auf ihren Auftritt vor. Thomas Brückner stellte die aussichtsreichsten Projekte vor, erläuterte Wirkungsmechanismen und bisherige Ergebnisse. Diese Informationen sind unter folgendem link öffentlich zugänglich: www.ClinicalTrials.gov.
Auch bei der Behandlung von Corona-Patienten wurden neue Forschungsergebnisse erzielt. So zeigte von vier im Rahmen einer WHO-Studie untersuchten Arzneimitteln nur Remdesivir einen Behandlungserfolg. Dieses von Gilead ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelte Virustatikum ist derzeit das einzige Medikament zur Behandlung hospitalisierter COVID-19-Patienten mit Lungenentzündung, die eine Sauerstofftherapie benötigen. Dennoch kritisiert die WHO den Einsatz, da Remdesivir nur intravenös verabreicht werden kann und zudem sehr teuer ist. Die EMA hat eine Neubewertung der WHO-Studienergebnisse angekündigt. Befürwortet wird seitens der EMA auch die Verwendung von Dexamethason zur Behandlung künstlich beatmeter Patienten, nachdem in einer weiteren Studie eine Senkung der Sterblichkeit nachgewiesen werden konnte.
Szenenwechsel: wie steht es um den Fälschungsschutz von Arzneimitteln nach der mit großem Aufwand eingeführten Serialisierung? Eines ist sicher: das Thema hat viele Fragen aufgeworfen – so veröffentlichte die EU-Kommission im August bereits die 18. Version ihres FAQ-Dokuments zur Umsetzung der EU-Fälschungsrichtlinie mit neuen und überarbeiteten Inhalten, außerdem gibt es inzwischen drei Aide-Mémoires zum Thema. Doch wie sieht es nun aus in Sachen Fälschungssicherheit? Sogenannte „Alerts“ gab es zuhauf, und dies – wen wundert es – hauptsächlich bei den End-Usern, sprich in den Apotheken. Rund 180 000 solcher Alerts registrierte die Securpharm im Juli 2020, über die Hälfte waren auf Handhabungsfehler wie z. B. doppelte Ausbuchung zurück zu führen. Fehlkonfigurationen der Scanner, Softwareprobleme und Handhabungsfehler stecken auch hinter den übrigen Warnmeldungen, die außer bei den Apotheken auch bei Zulassungsinhabern und Großhändlern gemeldet wurden. Eine „echte Fälschung“ wurde hingegen bisher noch nicht entdeckt…
Pharmaziedirektorin Dr. Gabriele Wanninger, Regierung von Oberbayern im Gespräch mit Dr. Josef Landwehr, PTS Training Service
Nach der Mittagspause stellte Frau Dr. Wanninger sich den Fragen von Moderator Dr. Landwehr und Teilnehmern. Die wichtigsten Fragen und Antworten sind nachstehend thematisch zusammengefasst.
Die FDA führt in Deutschland keine Routine-Inspektionen mehr durch und hat bereits viele Inspektionsberichte abgefragt. Umgekehrt ist es schwieriger, Inspektionsberichte der FDA zu interpretieren. Diese enthalten nur eine Mängelliste, aber im Gegensatz zu deutschen Inspektionsberichten kein klares Statement zur GMP-Compliance. Weiterhin geplant und durchgeführt werden Pre-Approval-Inspektionen (PAI).
Eine Teilnehmerin fragte nach der Rationale hinter dieser Vorgehensweise. Obwohl PAIs auch vom MRA umfasst sind, so Frau Dr. Wanninger, war davon auszugehen, dass die FDA zunächst noch eigene PAIs in Europa durchführen wird. Das liegt daran, dass für die PAIs – anders als für Routine-GMP-Inspektionen – bestimmte Aspekte zu berücksichtigen sind. Hierzu zählen z. B. die Deadlines im Zulassungsverfahren. Außerdem fokussiert eine PAI auf ein bestimmtes Produkt, für das der Zulassungsantrag gestellt wird. Während Routineinspektionen auf die gesamte GMP-Compliance schauen und nur stichprobenartig Dokumente zu bestimmten Produkten herauspicken raus, wird bei einer PAI darüber hinaus insbesondere die Compliance mit den Zulassungsunterlagen geprüft. In der aktuellen Pandemie ist es allerdings anzustreben, PAIs in MRA-Ländern auszusetzen.
Die UK erhält Leserechte für die EUDRA-GMDP-Datenbank, aber keine Schreibrechte. Unklar ist noch, ob GMP-Zertifikate, die von der MHRA ausgestellt wurden, nach dem Brexit in der EU anerkannt werden.
Anmerkung der Redaktion und Update: Die EU und das Vereinigte Königreich haben die gegenseitige Anerkennung von Inspektionen und Zertifizierungen von Arzneimitteln als Teil des am 30. Dezember 2020 unterzeichneten Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich vereinbart.
Die Zahl der Inspektionen war im Frühjahr 2020 stark reduziert, im Sommer wurden die Prioritäten auf Abnahmeinspektionen gesetzt. Diese fanden z. T. als Hybrid-Inspektionen statt (z. B. nur Räume vor Ort inspiziert, Dokumente virtuell). Routine-Inspektionen wurden nur in dringenden Fällen durchgeführt, bevorzugt vor Ort. Remote-Inspektionen in Drittländern wurden vereinzelt für Nachinspektionen durchgeführt. GMP-Zertifikate wurden pauschal bis Ende 2021 verlängert. Auch Audits konnten und können wegen der Corona-Pandemie nicht wie gewohnt durchgeführt werden. Die Behörde sieht das pragmatisch, erwartet aber, dass die Verantwortlichen nach Alternativen suchen.
Die Aussagekraft von Remote-Inspektionen oder Remote-Audits ist aus Sicht von Frau Dr. Wanninger fragwürdig. Als Tools stehen Videokonferenzen und der Austausch digitaler Daten zur Verfügung.
Die Thematik wird u. a. in der „Notice to Stakeholders“ behandelt, einem Q&A-Dokument der EMA, der Heads of Medicines Agencies (HMA) und der Europäischen Kommission, dass die behördlichen Erwartungen an Humanarzneimittel während der Covid-19-Pandemie beschreibt.
Sie finden dieses Dokument unter https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/human-use/docs/guidance_regulatory_covid19_en.pdf
Rico Schulze, Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
Alle Vorredner hatten darüber gesprochen – er machte es zum Thema seines Vortrags: die Auswirkungen der Coronakrise auf die Arzneimittelsicherheit. Vieles zeugt von einem gesunden Pragmatismus und zeigt, dass die Versorgung der Bevölkerung mit sicheren Arzneimitteln auch mit weniger Formalismus möglich ist. Bestes Beispiel: die Ausnahmen von der Biozid-Verordnung machten den Weg frei für die dringende Bereitstellung von Hände- und Flächendesinfektionsmitteln. Ein durchaus positiver Nebeneffekt der aktuellen Pandemie ist auch, dass der Botendienst der Apotheken vergütet wird.
Allerdings gilt es viele Regelungen auch kritisch zu hinterfragen. An erster Stelle sieht Rico Schulze hier die neue Flexibilität im GMP- und GDP-Bereich gemäß der bereits zitierten „Notice to Stakeholders“ der Europäischen Kommission: Beschleunigte Zulassungsverfahren, vereinfachtes Änderungsmanagement, automatisch verlängerte GMP-Zertifikate sowie Chargenzertifizierungen und Audits im „Remote-Modus“ setzen für ihn viele Fragezeichen hinter die vielzitierte Arzneimittelsicherheit. Besonders fragwürdig erscheint auch, dass die Angabe des Verfalldatums bei Arzneimitteln gemäß dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz in bestimmten Fällen entfallen darf.
Im zweiten Teil seines Vortrags stellte Rico Schulze das Thema „Impfung“ in den Mittelpunkt. Er stellte die vom Bund entwickelte Impfstrategie vor und erläuterte die damit verbundenen Herausforderungen. Hierzu zählen nicht nur die Impfstoffbeschaffung und die Aufklärung der Bevölkerung, sondern auch die logistischen Vorbereitungen der einzelnen Bundesländer zur Einrichtung von Impfzentren. Hier ein kurzer Überblick:
Die EU hat Verträge über insgesamt mehr als eine Milliarde Impfdosen mit mehreren Herstellern geschlossen (AstraZeneca, BioNTech/Pfizer, J&J, Sanofi). Bisher gibt es jedoch noch keine arzneimittelrechtlichen Zulassungen. Auch die Aussagen zum Beginn der Auslieferung sind widersprüchlich. Dennoch sollen die Systeme in den Ländern Mitte Dezember einsatzbereit sein.
Die Impfstrategie sieht 3 Phasen vor:
Phase I A –„Gezielte zentralisierte Verimpfung“
Phase I B –„Erweiterte zentralisierte Verimpfung“
Phase II – „Breite dezentrale Routineverimpfung“
In den Phasen IA und IB ist der Bund zuständig für Beschaffung, Finanzierung, Verteilung und Lieferung der Impfstoffe. Diese sollen an den Anlieferorten möglichst sofort zum Einsatz kommen. Der Betrieb der Impfzentren ist Sache der Länder, sie tragen die Verantwortung für Organisation und Betrieb mit allem, was dazu gehört – und das ist nicht wenig.
Erst in der Phase II wird die Distribution der Impfstoffe über etablierte Vertriebswege möglich sein. In dieser Phase erfolgt die Finanzierung und Vergütung durch die Krankenkassen.
In Ihrem Alltag begegnen Sie den verschiedensten GMP-Aspekten.
In den Episoden des Webcasts GMP & TEA werden Themen wie zum Beispiel Dokumentation, Weiterbildungen und Wertschätzung für Sie zusammengefasst.
Die Videos eignen sich aufgrund ihrer Länge von ca. 20 Minuten ausgezeichnet für eine gemütliche Tee- oder Kaffeepause, in der Sie sich gleichzeitig weiterbilden.
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