02.08.2022 | LOGFILE Leitartikel 30/2022

Auszug aus dem GMP-Webcast GMP & TEA, Episode 19 „Selbstinspektion“

Selbstinspektion – Wie man eigene GMP-Schwächen vor der Behördeninspektion erkennt

Selbstinspektion – Wie man eigene GMP-Schwächen vor der Behördeninspektion erkennt

8 Min. Lesezeit | von Thomas Peither

 

Nichts ist schlimmer, als kalt erwischt zu werden und erst im Verlaufe einer behördlichen Inspektion zu bemerken, wo es im eigenen Betrieb klemmt und harzt. Das bringt in jedem Fall Aufwand und zeitliche Verzögerungen mit sich, von schwerwiegenderen Konsequenzen wie z. B. einem Finding einmal ganz abgesehen.

Manchmal ist man nicht nur überrascht über Defizite im eigenen Unternehmen, sondern auch erstaunt, welche Prozesse und Anlagen reibungslos und mehr als vorbildlich funktionieren.

Selbstinspektionen bieten die Chance, Schwächen zu erkennen, daran zu arbeiten und aus identifizierten Stärken Lösungsansätze für die Schwachstellen zu entwickeln.


Was sind die Ziele der Selbstinspektion?

Selbstinspektionen verfolgen in erster Linie das Ziel, die Qualität interner Prozesse und Systeme zu verbessern und sind damit ein wichtiger Bestandteil des eigenen Qualitätssicherungssystems.

Neben der reinen Einhaltung von Vorgaben wie Verfahrensanweisungen müssen auch deren Eignung in Bezug auf bestehende, geänderte oder neue Anforderungen überprüft werden. Ferner sollten unter dem Aspekt der Verbesserung Abläufe oder Dokumente überprüft werden, um festzustellen, inwieweit diese zur Fehlervermeidung beitragen.

Bewerten Sie auch die Effektivität von CAPA-Maßnahmen, zum Beispiel aus Abweichungen oder Änderungsprozessen. Dies ermöglicht Rückschlüsse auf die Qualität der Definition von CAPA und es lassen sich potentielle Risiken identifizieren, etwa nach Umbauten.

Durch Befragungen zu Qualitätsanforderungen oder Abläufen können sie das fachliche Verständnis von Mitarbeitenden einschätzen und bewerten zugleich wie effektiv ihre Schulungssysteme sind.

Zudem bietet die Selbstinspektion eine gute Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und Verständnis zu Qualitätsanforderungen zu vermitteln.

Zu guter Letzt, und dieser Punkt ist keineswegs zu unterschätzen, stellt die Selbstinspektion auch eine wichtige Übung für die Inspektions- oder Auditsituation dar.


Welche Bereiche müssen einer Selbstinspektion unterzogen werden und wie kann ich dabei vorgehen?

Alle Bereiche, die einen potentiellen Einfluss auf die Produktqualität beziehungsweise damit zusammenhängende Prozesse haben, müssen einer Selbstinspektion unterzogen werden:

  • das Personal,
  • die Räumlichkeiten,
  • die Wartung und Instandhaltung von Gebäuden und Anlagen,
  • die Kalibrierung von Anzeigen und Messsystemen,
  • der Einkauf und die Lagerung von Ausgangsmaterialien, Packmitteln, Zwischen- und Fertigprodukten,
  • Herstellungsprozesse,
  • Inprozesskontrollen,
  • Validierungs- und,
  • Qualifizierungsprogramme,
  • die Qualitätskontrolle,
  • die Dokumentation,
  • Reinigung, Desinfektion und Hygiene,
  • Rückrufverfahren,
  • Reklamationsmanagement,
  • Datenmanagement und Datenintegrität,
  • Ergebnisse von vorherigen Selbstinspektionen und Korrekturmaßnahmen,
  • Durchführung von Selbstinspektionen,
  • das System zur Änderungskontrolle und
  • das CAPA-System.

Eine lange Liste, die Sie bestimmt auch noch fortsetzen können. Wie Sie die Inspektionsfelder auswählen, bleibt am Ende Ihnen überlassen. Die Auswahl muss vor allem zu ihrem Qualitätsmanagementsystem passen. Sie kann abteilungsorientiert, prozessorientiert oder systemorientiert erfolgen. Jede dieser Varianten hat Vor- und Nachteile und sie müssen abwägen, welche in ihrem speziellen Fall am besten funktioniert.


Bei der abteilungsorientierten Vorgehensweise stehen vor allem abteilungsinterne Abläufe sowie deren Dokumentation auf dem Prüfstand. Sie lassen sich einfach handhaben und planen, da lediglich eine oder einige wenige Abteilungen involviert sind.

Allerdings fehlt bei diesem Ansatz die gesamtheitliche Perspektive, vor allem wenn abteilungsübergreifende Prozesse ins Spiel kommen.

Dise werden in prozessorientierten Selbstinspektionen mitberücksichtigt, die aber zeit- und personalintensiver sind. Als Beispiel können hierzu die Abläufe nach einem Anlagendefekt oder die Prozesse von der Probenahme bis zum resultierenden Analysenzertifikat genannt werden. Anlassbasierte Selbstinspektionen nach Rückrufaktionen, wiederholt auftretenden Reklamationen, Abweichungen oder nicht-spezifikationskonformen Ergebnissen starten meist mit einer produktspezifischen Prüfung, bei der die zugehörigen Prozesse untersucht werden.

Die systemorientierte Selbstinspektion schließlich, bei der einzelne Qualitätssysteme überprüft werden, bietet sich vor allem zur Vorbereitung einer Inspektion durch die FDA an, da hierbei die Inspektorenperspektive übernommen wird.

Wie bei den prozessorientierten Inspektionen ist der Aufwand im Vergleich zu den abteilungsorientierten Überprüfungen relativ hoch.


Tipps für den GMP-Alltag

  1. Die Selbstinspektion dient in erster Linie der Verbesserung. Gehen sie daher offen mit möglichen Problemen, Schwachpunkten und Unsicherheiten um.
  2. Selbstinspektionen sollen in einer positiven, offenen Atmosphäre durchgeführt werden. Kündigen Sie Routine-Selbstinspektionen deshalb frühzeitig an. Erforderliche Dokumente und Informationen können so bereits im Vorfeld zusammengestellt und Wartezeiten während der Selbstinspektion verringert werden.
  3. Und schließlich heißt es: üben, üben, üben. Auditieren ist ein steter Lernprozess – es ist noch keine perfekte Auditorin kein perfekter Auditor vom Himmel gefallen.

In der kompletten GMP & TEA-Webcastfolge 19 “Selbstinspektion” erfahren Sie viele weitere Aspekte zu Selbstinspektionen. Z. B. geht Thomas Peither auf die notwendige Inspektionsfrequenz ein und klärt, wer inspizieren darf, welche Phasen der Selbstinspektion es gibt und wie Durchführung und Nachbereitung erfolgen sollen.

 
Thomas Peither

Autor

Thomas Peither
GMP-Experte, Fachjournalist und Gründer des GMP-Verlags Peither AG
E-Mail: thomas.peither@gmp-verlag.de

 
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